Respekt vor dem Letzten Willen
Ein Sterbender muss sich darauf verlassen können, dass das, was er sich über seinen Tod hinaus wünscht, von den Erben auch umgesetzt wird – egal, ob es sich dabei um die Familie oder eine Hilfsorganisation handelt.
Für Angehörige ist es Ehrensache, die letzten Versprechen, die sie dem Verstorbenen gegeben haben, auch einzuhalten. Selbst wenn dessen Wünsche nicht dem eigenen Geschmack entsprechen und die Hinterbliebenen es lieber ganz anders machen würde. Wenn sich der Vater einen exklusiven Sarg im altdeutschen Stil gewünscht hat, kann man ihm dies schlecht verwehren, auch wenn man selbst eine modern geformte Urne wählen würde. Dass er als alter Mann zur Kirche zurückgefunden hat und nun ein Pfarrer die Bestattung leiten soll, ist für seine konfessionslosen erwachsenen Kinder zwar überraschend, wird aber selbstverständlich so gemacht. Und auch seine ausgefallenen Musikwünsche finden bei der Beisetzung schließlich ihren Platz.
Respekt vor dem Letzten Willen zu zeigen – das gilt aber auch für Hilfsorganisationen, die in einem Testament bedacht werden. Denn immer mehr Menschen wollen einen Teil ihres Nachlasses einem guten Zweck zukommen lassen. Mit einer Testamentsspende setzen sie eine oder mehrere Hilfsorganisationen als Erben ein, um deren Arbeit nachhaltig zu unterstützen. Dabei wollen sie sich darauf verlassen können, dass das Erbe so eingesetzt wird, wie sie sich das vorstellt haben.
Eine Hilfsorganisation als Erbin
Eine wichtige Frage ist deshalb: Welche Hilfsorganisationen sind seriös? Orientierung bietet beispielsweise das Erbschaftssiegel „In guten Händen“. Gemeinnützige Organisationen und Stiftungen, die das Siegel tragen, verpflichten sich unter anderem, eine respekt- und vertrauensvolle Beratung anzubieten. Denn die Entscheidung über den persönlichen Nachlass braucht Zeit und Ruhe. „Wir achten den Willen der Menschen, die sich an uns wenden“, sagt Sandra Lüderitz-Korte, Ansprechpartnerin für die Nachlassplanung bei Amnesty International.
Die das Siegel tragenden Hilfsorganisationen verpflichten sich außerdem dazu, Daten und Informationen aus den Beratungsgesprächen streng vertraulich zu behandeln: Wer gemeinnützig vererben will, muss sich darauf verlassen können, dass die Privatsphäre geschützt wird.
Respekt auch für die Angehörigen
Es kommt auch vor, dass Angehörige es nicht gutheißen, dass ein Teil des Nachlasses an eine Hilfsorganisation geht, erzählt Lüderitz-Korte. „Diese Haltung respektieren wir und gehen professionell damit um.“ Das bedeutet etwa, zunächst mit den Angehörigen das Gespräch zu suchen, bevor gleich ein Anwalt eingeschaltet wird. „Bei Streitigkeiten geht es letztlich darum, die Wünsche des Erblassers oder der Erblasserin zu wahren und aktiv zu vertreten. Es ist der Wille der verstorbenen Person, der zählt“, sagt Lüderitz-Korte.
Grundsätzlich sollte man darauf achten, dass eine gemeinnützige Organisation oder Stiftung transparent arbeitet und öffentlich darstellt, wie sie ihre Mittel verwendet, etwa in einem Jahresbericht oder auf den Internetseiten. Seriöse Hilfsorganisationen unterziehen sich jährlich einer unabhängigen Wirtschaftsprüfung oder lassen sich durch spezialisierte Institutionen prüfen.
Respekt vor dem Leben
Wertschätzung für Menschen und für die Natur – das ist es, was die Gründer des Magazins Prinzip Apfelbaum antreibt, die Welt ein Stück besser zu machen.
Ein Testament verfassen
Doch wer einen respektvollen Umgang mit seinem letzten Willen erwartet, der sollte auch dafür sorgen, dass er diesen unmissverständlich mitteilt. Dafür ist es in den meisten Fällen unerlässlich, ein Testament zu verfassen. Dieses kann auch handschriftlich zu Papier gebracht werden. In komplizierteren Erbsachen empfiehlt sich der Termin beim Notar.
„Viele rufen an und wünschen sich Handreichungen, wie sie bei ihrem Testament am besten vorgehen. Dazu bieten wir ein juristisches Erstgespräch an.“ Sandra Lüderitz-Korte nennt verschiedene Gründe, warum man sich von einem Fachanwalt beraten lassen sollte. Ein Beispiel: Jemand schreibt zu Hause sein Testament und verwendet dabei „vererben“ und „vermachen“ abwechselnd, wie Synonyme. Juristisch sind Vererben und Vermachen allerdings zwei völlig unterschiedliche Dinge. „So ein Testament ist dann kaum umzusetzen und muss im Zweifel abgelehnt werden“, sagt Lüderitz-Korte.
Kontakt zur Hilfsorganisation aufnehmen
„Bevor Amnesty ein Testament ausschlagen muss, weil wir es nicht umsetzen können, sollte man unbedingt mit uns sprechen“, betont Sandra Lüderitz Korte. Alle größeren Organisationen haben Mitarbeitende, die für Nachlassberatungen zur Verfügung stehen und alle Fragen rund um Testamentsspenden beantworten können. Beispielsweise: Was kann ich von der Organisation erwarten? Was ist besser: ein Erbe oder ein Vermächtnis? Wie kann ich sicher gehen, dass die Organisation meinen Nachlass für einen bestimmten Zweck verwendet?
„Übrigens, auch ein Testament sollte alle paar Jahre überprüft werden, wie beim TÜV“, meint Lüderitz-Korte. Im Laufe der Jahre verändern sich die Lebensumstände ebenso wie unsere Gedanken und Wünsche. Entsprechend sollte man das eigene Testament gelegentlich zur Hand nehmen und sich fragen, ob es noch den eigenen Vorstellungen entspricht. „Wir erleben durchaus, dass Menschen, die eigentlich Amnesty International etwas vererben wollten, dann ihr Testament noch einmal ändern und stattdessen das Tierheim um die Ecke bedenken. Auch das respektieren wir selbstverständlich.“
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Erbengespräch mit der Familie führen
Wer sich entschieden hat, sollte sich auch mit seiner Familie und anderen Beteiligten zu einem Erbengespräch zusammensetzen. So kann man etwas über die Wünsche der Erben erfahren. Etwa zu der Frage, welche Erbstücke bei wem am besten aufgehoben wären. Doch vor allem sollte der künftige Erblasser bzw. die künftige Erblasserin die eigenen Wünsche und Pläne äußern. Man kann erklären, welche Sorgen einen umtreiben und warum man das Erbe in einer bestimmten Weise aufteilen möchte. Und man kann erläutern, wie man sich – unabhängig von Testament – das eigene Ende vorstellt, wie man bestattet werden möchte.
Es kostet ein wenig Überwindung, diese Fragen mit allen Erben, also Hinterbliebenen ebenso wie Hilfsorganisationen, zu klären und in einem Testament niederzuschreiben. Doch es lohnt sich. Damit nach dem eigenen Ende der letzte Wille respektiert und umgesetzt wird, in einer Erbengemeinschaft ohne Streit und vielleicht auch für einen guten Zweck.
TEXT: Wibke Bergemann
FOTOS: David-W- / photocase.de, birdys / photocase.de, cacciatore.di.sogni / photocase.de