Ratgeber

No. 5 – ENTSCHEIDEN Den Letzten Willen ändern: Nahaufnahme von fünf Bleistiften mit Radiergummi. Symbolbild: Ein einmal verfasstes Testament lässt sich ändern, widerrufen oder ergänzen. Ein Anwalt gibt Rat. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Jmwiehl/Twenty20

Nicht das letzte Wort: Wie ändere ich mein Testament?

Lebensumstände können sich ändern, genau wie Wünsche und Meinungen. Und auch der Letzte Wille muss nicht für immer sein. Ein einmal verfasstes Testament lässt sich nachträglich ergänzen, ändern oder sogar ganz widerrufen. Um Verwirrung und Streitigkeiten unter den Erben auszuschließen, sollten einige Formalien beachtet werden.

Solche Ereignisse lassen sich nicht vorhersehen: Geliebte Menschen können vorzeitig sterben, Ehen können zerbrechen, neue Partner, Enkel oder neue Vertraute hinzukommen. Auch die wirtschaftliche Situation wandelt sich manchmal unerwartet. Gut, dass auch der Letzte Wille nicht für immer sein muss. Ein bereits verfasstes Testament lässt sich anpassen – soweit man einige wichtige Punkte beachtet.

Die Testierfähigkeit

Egal, ob man ein Testament verfasst oder noch einmal Hand daran anlegt: Seine Gültigkeit steht und fällt mir der Testierfähigkeit des Erblassers. Geistige Gesundheit ist die Grundvoraussetzung, um Bedeutung und Tragweite der eigenen testamentarischen Regelung zu erkennen. Wenn Zweifel an der Testierfähigkeit des Verfassers bestehen, kann ein Testament sogar angefochten werden. Die Hürden dafür sind zwar recht hoch. „Doch gerade im hohen Alter empfiehlt es sich, mögliche Zweifel im Vorfeld selbst auszuräumen“, sagt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der Deutsche Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge. Juristen gelten hierfür nicht als geeignete Experten. Selbst ein notarielles Testament kann wegen Testierunfähigkeit aufgrund einer Demenzerkrankung unwirksam sein. „Wer sich vom Facharzt, also etwa vom Neurologen, seine geistige Gesundheit bescheinigen lässt, ist auf der sicheren Seite“, so Bittler. „Dies gilt auch, wenn man ein bestehendes Testament ändert.“

Den Letzten Willen ändern: Zerknülltes Papier in einem Papierkorb. Symbolbild: Ein einmal verfasstes Testament lässt sich ändern, widerrufen oder ergänzen. Ein Anwalt gibt Rat. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Steve Johnsons/Unsplash

Ein neues Schreiben – so eindeutig wie möglich

Bei einem eigenhändig erstellten Testament sind Änderungen und Ergänzungen, wie der übrige Text auch, handschriftlich zu machen. Sie sollten immer mit Ort und Datum versehen und mit vollem Namen unterschrieben sein. Eine gute Idee ist das aber nicht. Aus Streichungen, Anmerkungen oder Korrekturen am Rand  können schnell Unklarheiten entstehen – bis hin zu der Frage, ob die Ergänzungen überhaupt vom Erblasser persönlich verfasst worden sind.

„Eindeutiger ist ein Ergänzungstestament, das sich Punkt für Punkt auf die einzelnen Regelungen des bisherigen Testaments bezieht“, sagt der Fachanwalt für Erbrecht und betont: „Wichtig sind dabei klare Formulierungen, die keine Interpretationsspielräume zulassen.“ So hatte eine Witwe 2011 ein notarielles Testament aufsetzen lassen, in dem das Erbe zu jeweils einem Drittel unter den drei Kindern aufgeteilt werden sollte. Im Jahr darauf legte sie aber in einem privatschriftlichen Testament fest, welches Kind welches Grundstück erben sollte. Nach ihrem Tod stritten die Erben darüber, ob die Erblasserin sich des unterschiedlichen Werts der Grundstücke bewusst war und eine ungleiche Verteilung des Vermögens gewünscht hatte. Der Streit ging durch mehrere Instanzen vor Gericht. Solche jahrelangen Auseinandersetzungen können nicht nur Familie und Freunde belasten, wie Bittler betont: „Wenn etwa eine gemeinnützige Organisation als Erbin in so einen Prozess verwickelt wird, kann das deren Ansehen schaden, obwohl die Ursache ganz woanders liegt.“

Aufgepasst beim Widerruf

Wer ein neues Testament aufsetzt, widerruft automatisch sein altes, sofern die neuen Regelungen mit den alten in Widerspruch stehen. Besonders wichtig ist daher das Datum. Das Wort „Widerruf“ muss hingegen nicht unbedingt notiert werden. Auch wer sein Testament vernichtet, zerreißt oder verbrennt, widerruft es. Gibt es kein neues, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Auch beim Widerruf sollte sich der Erblasser eindeutig verhalten. Ist das Dokument nur zerknüllt, bleiben Zweifel.

(Fast) nicht zu ändern: der Erbvertrag

Ein eigenhändig verfasstes Testament, das beim Amtsgericht hinterlegt ist, kann jederzeit zurückgeholt und geändert werden. Dagegen gilt das notarielle Testament als widerrufen, wenn es aus der amtlichen Verwahrung herausgenommen wird, und muss komplett neu verfasst werden. „Wie in Stein gemeißelt ist hingegen der Erbvertrag“, erläutert Fachanwalt Bittler. Bei dieser Vereinbarung verpflichtet sich der Erblasser gegenüber einer anderen Person verbindlich, ihr im Falle des Todes Vermögen zu übertragen. „Ein solcher Erbvertrag kann ausschließlich beim Notar geschlossen und nur mit dem Einverständnis aller Beteiligten wieder aufgehoben werden“, so Bittler. Um als Erblasser die Möglichkeit zu haben, einseitig aus diesem Vertrag austreten zu können, muss von Anfang an ein Änderungsvorbehalt oder ein Rücktrittsrecht darin aufgenommen werden.

Das gemeinschaftliche Testament

Nicht selten schließen Eheleute ein gemeinschaftliches Testament ab. In der Regel ist darin vorgesehen, dass die hinterbliebene Person zunächst das gesamte Erbe erhält. Außerdem wird geregelt, was mit dem Erbe nach dem Tod des zweiten Lebenspartners geschehen soll. Erst dann erhalten die Kinder und andere Begünstigte ihren Erbteil. Dieses so genannte „Berliner Testament“ hat Tücken: Die Eheleute müssen, solange beide noch leben, jede Änderung gemeinsam unterschreiben. Nach dem Tod eines Partners können die getroffenen Regelungen nicht mehr geändert werden. Doch auch hierbei sind Ausnahmen möglich, weiß der Fachanwalt für Erbrecht: „So kann vereinbart werden, dass der verbliebene Partner das Erbe innerhalb der Familie neu verteilt, es aber nicht außerhalb der Familie vermachen darf.“ Solche Regelungen werden mit Blick darauf getroffen, dass die Witwe oder der Witwer sich eventuell noch einmal neu binden könnte.

Das Näheverhältnis kann bindend wirken

In einem gemeinschaftlichen Testament kann auch festgehalten werden, dass der Nachlass einer gemeinnützigen Organisation zugutekommen soll – zum Beispiel zugunsten sozialer oder ökologischer Zwecke. „Ist der Partner an Krebs gestorben und die hinterbliebene Person möchte nun – anders als ursprünglich formuliert – eine entsprechende Gesundheitseinrichtung unterstützen, steht ihr das in der Regel frei“, weiß Bittler. Anders sieht es aus, wenn der Nachlass zum Beispiel laut Testament einer bestimmten gemeinnützigen Organisation oder Stiftung zugehen soll, der die zuerst verstorbene Person ein Leben lang eng verbunden war. Dieser persönliche Bezug, das Näheverhältnis, kann bewirken, dass die Regelung bindend ist. Eindeutig formulierte Testamente beugen auch hier Unklarheiten vor.

Text: Lars Klaaßen
Fotos: Jmwiehl/Twenty20, Steve Johnsons/Unsplash