Editorial
Früher, da hatte die Jugend noch Respekt. Da war man noch höflich gegenüber älteren Menschen – denken Sie das auch manchmal? Damit sind Sie nicht allein. „Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe“, ritzte schon vor 4000 Jahren ein Babylonier auf eine Tontafel. Auch von Sokrates und aus dem antiken Ägypten sollen ähnliche Klagen überliefert sein.
Es tut vielleicht gut, sich hin und wieder an die eigene Jugend zu erinnern. Wie war das damals wirklich? Vielleicht ist das Schimpfen über die „Jugend von heute“ zuallererst ein Zeichen dafür, dass man selbst nicht mehr Teil von ihr ist?
Offenbar verschiebt sich mit den Lebensjahren der Blickwinkel. Manchmal könnte man meinen, geradezu Welten lägen zwischen Alt und Jung. Kurt Tucholsky meinte dazu: „Alte haben gewöhnlich vergessen, dass sie jung gewesen sind, oder sie vergessen, dass sie alt sind, und Junge begreifen nie, dass sie alt werden können.“
Dennoch ist es natürlich richtig, Respekt gegenüber Älteren einzufordern. Ältere und alte Menschen sind ein Schatz an Wissen und Erfahrungen. Sie sind ein wertvoller Teil der Gesellschaft. Wir haben mit der Psychogerontologin Sabine Distler über Altersdiskriminierung gesprochen und warum wir diese oft gar nicht bemerken.
Und nicht nur älteren Menschen gebührt Respekt. In einer immer vielfältigeren Gesellschaft ist Respekt die Grundlage des freundlichen Zusammenlebens. In dieser Ausgabe zeigen wir Wege, wie ein respektvoller Umgang gelingen kann, auch wenn die Meinungen und Lebensstile weit auseinander gehen. Und nicht zuletzt: Respekt vor dem Letzten Willen und was das für Angehörige und Hilfsorganisation als Erben bedeutet. Ich wünsche Ihnen eine anregende Lektüre.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
Im Alter auf Augenhöhe
Altersdiskriminierung steckt tief in den Köpfen. Oft merken wir es nicht einmal, wenn sie uns widerfährt. Wir brauchen ein neues Bild vom Älterwerden – in der Gesellschaft und für uns selbst. Davon profitiert sogar die Gesundheit.
Weiterlesen... Respekt! Auch bei schwierigen Themen
Ob Corona-Impfung, AfD wählen oder Klimawandel: Bei manchen Themen scheinen sich unüberwindbare Gräben aufzutun. Andere Meinungen zu respektieren, ist nicht immer einfach. Wie gelingt es dennoch, in der Familie, mit Nachbarn, Kolleginnen und Freunden im Gespräch zu bleiben?
Weiterlesen... Unsere Lieblinge
Lesetipp
Shai Hoffmann ist deutscher Jude mit israelischen Wurzeln, Jouanna Hassoun Deutsch-Palästinenserin. Gemeinsam reisen sie seit 2023 für ihr Projekt »Trialog« von Schule zu Schule, um über den Krieg in Nahost und die Auswirkungen auf jüdisches und palästinensisches Leben in Deutschland zu sprechen. Sie berichten von diesen Gesprächsrunden, in denen auch Fragen und Ansichten zugelassen sind, die viele sonst nicht zu äußern wagen. Im Buch setzen Hassoun und Hoffmann zudem ihren eigenen Dialog voller Respekt fort und zeigen, wie es möglich ist, über Gewalt und Menschenrechtsverletzungen zu sprechen, ohne das Leid auf beiden Seiten zu vergessen. Was dazu nötig ist: den anderen Blickwinkel zu berücksichtigen und Widersprüche auszuhalten. Ein schmerzliches und zugleich überaus tröstliches Buch.
Jouanna Hassoun, Shai Hoffmann: „Trialog. Wie wir über Israel und Palästina sprechen“ Quadriga Verlag, 2024. 225 Seite, 22 Euro
Das Zitat
Frei zu sein bedeutet nicht nur, seine eigenen Fesseln zu lösen, sondern ein Leben zu führen, das auch die Freiheit anderer respektiert und fördert.
NELSON MANDELA
1818 - 2013, Aktivist und erster schwarzer Präsident Südafrikas
Ideen, die bleiben
Deutsche Alzheimer Gesellschaft
In den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhundert ist die Alzheimer-Erkrankung in der Bevölkerung noch so gut wie unbekannt. Erst als 1994 Ronald Reagan seine Diagnose öffentlich bekannt macht, wird sie sichtbarer. Der Psychiater Hans Lauter, Leiter der Psychiatrie im Münchner Klinikum rechts der Isar, erkennt unterdessen, dass Betroffene und ihr Familien Unterstützung brauchen und gründet 1986 die erste lokale Alzheimer Gesellschaft, der bald weitere Selbsthilfegruppen in verschiedenen Orten folgen. Schließlich entsteht 1989 die Deutsche Alzheimer-Gesellschaft als Dachverband. Wichtigste Ziele dabei: Als Betroffene und Angehörige die eigenen Interessen gegenüber Politik und Öffentlichkeit zu vertreten, über die Krankheit aufzuklären und die Forschung zu fördern. Doch vor allem geht es darum, sich gegenseitig zu unterstützen. In Selbsthilfegruppen tauschen sich Angehörige aber auch Menschen mit beginnender Demenz aus und lernen voneinander einen besseren Umgang mit den Auswirkungen der Krankheit. Heute, 35 Jahre später, gehören zur Deutschen Alzheimer e.V. Selbsthilfe Demenz bundesweit mehr als 130 Alzheimer-Gesellschaften.
69%
Die Zahl
Gibt es zu wenig Anerkennung in unserer Gesellschaft? Dieser Frage ist ein Soziologenteam an der Universität Magdeburg nachgegangen. Bei einer Befragung von über 3500 Personen gaben immerhin 69 Prozent an, in ihrem Alltag Wertschätzung im öffentlichen Bereich zu erfahren, also bei der Arbeit, auf der Straße, in Geschäften und Ämtern. Dabei zeigten sich kaum Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland, auch ein Migrationshintergrund spielte kaum eine Rolle. Ob eine Person sich wertgeschätzt fühlt, hängt der Studie vor allem von Bildung und Einkommen ab. Eigentlich erstaunlich. In einer Gesellschaft, die auf Arbeitsteilung beruht, sollte jedem mit Respekt begegnet werden, Putzkräften und Müllleuten ebenso wie der Herzchirurgin oder dem Notar.
Schon gewusst?
Erbschaftssteuer
Die Erbschaftssteuer wird in Deutschland fällig, wenn Vermögen durch Erbschaft übertragen wird. Die Höhe der Steuer hängt vom Verwandtschaftsgrad des Erben und dem Wert des Nachlasses ab. Es gibt Freibeträge, die je nach Beziehung zum Erblasser variieren: Ehepartner und eingetragene Lebenspartner haben einen Freibetrag von 500.000 Euro, Kinder von 400.000 Euro. Bei entfernteren Verwandten sinkt der Freibetrag deutlich. Im internationalen Vergleich gilt die deutsche Erbschaftssteuer als moderat, wobei einige Länder wie Österreich und Schweden keine Erbschaftssteuer erheben. Um die Erbschaftssteuer zu verringern, bieten sich Schenkungen zu Lebzeiten an, da Schenkungen alle zehn Jahre steuerfrei im Rahmen der Freibeträge erfolgen können. Zudem können gemeinnützige Vermächtnisse und Spenden den steuerpflichtigen Nachlass reduzieren, da Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen steuerfrei sind. Eine gezielte Nachlassplanung kann erhebliche Steuerlasten vermeiden und sollte immer rechtzeitig unter Zuhilfenahme eines juristischen Experten erfolgen.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Das tut gut