Ratgeber

No. 31 – ALTER Für ein Testament ist es nie zu früh

Das richtige Alter für ein Testament

Ein Testament zu schreiben – dafür fühlen wir uns lange Zeit zu jung. Doch mit zunehmendem Alter wird es immer wichtiger, den eigenen Nachlass zu klären. Denn Lösungen im letzten Moment sind oft heikel.

Auf die Frage, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, um ein Testament zu verfassen, antworten die meisten Experten: „Dafür ist es nie zu früh!“ Nach dem Gesetz kann man hierzulande sogar schon als Minderjährige, nämlich mit 16 Jahren rechtskräftig seinen Letzten Willen formulieren. Die meisten Menschen haben in diesem Alter allerdings kaum etwas zu vererben und damit auch kaum Bedarf, ein Testament aufzusetzen.

Wer jung ist, kann sich zudem kaum vorstellen, irgendwann mal alt zu werden und sogar zu sterben. Selbst viele deutlich Ältere vermeiden es, sich mit dem eigenen Ende auseinanderzusetzen. Doch spätestens, wenn eigene Kinder da sind, sollte man sich darüber Gedanken machen, wer in einem Todesfall was bekommt.

Nicht jeder müsse gleich ein Testament verfassen, meint Rechtsanwalt Christoph Mecking, Geschäftsführer von LEGATUR, einem auf die Abwicklung von Nachlässen spezialisierten Unternehmen: „Für 30-Jährige, die verheiratet sind und zum Beispiel zwei Kinder haben, ist die gesetzliche Erbfolge meist durchaus sinnvoll und ein Testament nicht unbedingt notwendig“, erläutert Mecking. Denn laut Bürgerlichem Gesetzbuch erben grundsätzlich die Kinder, daneben der Ehemann oder die Ehefrau.

Für Patchworkfamilien wird ein Testament empfohlen.

Patchwork-Familie

Erst wenn der Letzte Wille nicht mit der gesetzlichen Erbfolge übereinstimmt, entsteht Handlungsbedarf. „Das geschieht etwa, sobald man in einer Patchwork-Familie lebt“ so Mecking. Ist die erste Ehe geschieden, vielleicht schon eine zweite geschlossen, hat man Kinder mit verschiedenen Partnern oder lebt mit den Kindern der Partnerin zusammen, wird das familiäre Beziehungsgeflecht komplexer. Hier Klarheit zu schaffen, nützt allen Beteiligten.

Mecking kennt auch andere Gründe, warum schon junge Menschen ein Testament verfassen, die noch keine eigene Familie haben: „Dann sind Eltern, Geschwister oder Großeltern die gesetzlichen Erben, unter Umständen auch entferntere Verwandte. Viele möchten aber neben den Verwandten noch weitere Erben vorsehen.“ Wer von der gesetzlichen Erbfolge abweicht, weil er etwa den unehelichen Partner oder eine gemeinnützige Organisation einsetzen will, hat nur eine Möglichkeit: ein Testament.

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Dabei ist zu bedenken, dass übergangene Abkömmlinge, Ehegatten und Eltern einen Pflichtteilsanspruch geltend machen können, der sich auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils beläuft. Was man künftig wem vererben kann, wird auch dadurch beeinflusst, wie lang die eigene Lebenserwartung voraussichtlich ist – und die der potenziellen Erben. Hier sollte die eigene Gesundheit und die der nahestehenden Menschen realistisch eingeschätzt werden: Wer beispielsweise deutlich ältere Menschen in seinem Testament bedenkt, muss damit rechnen, dass diese sterben könnten, bevor sie ihr Erbe antreten.

Schenkungen und Unternehmensnachfolge

Ab etwa 50 haben viele Menschen so viel Vermögen erworben, dass ein Testament immer dringlicher wird. Mit genügend Zeit und langfristiger Perspektive können in diesem Alter auch bereits Schenkungen in Betracht gezogen werden, sagt der Rechtsanwalt. „Wenn alle zehn Jahre maximal im Wert des Freibetrags geschenkt wird, ist die Schenkung stets steuerfrei.“

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Nicht selten befindet sich ein Unternehmen im Nachlass. Bei über 90 Prozent der in Deutschland niedergelassenen Unternehmen handelt es sich um Familienunternehmen; in vielen steht die Nachfolge an. „Um einem Scheitern des Übergangs vorzubeugen, empfiehlt sich eine frühzeitige enge Abstimmung zwischen Eigner und künftigem Erbe,“ so Mecking.

Immer beliebter werden im Zusammenhang mit Unternehmen auch Stiftungen. Eine Möglichkeit sind Trägerstiftungen, die den Zweck haben, die Arbeit einer bereits bestehenden Hilfsorganisation zu fördern. Dabei ist es grundsätzlich besser, die Stiftung schon zu Lebzeiten zu gründen, nicht nur wegen der steuerlichen Vorteile für den Stifter. „Der Unternehmer kann so den Aufbau seiner Stiftung durch sein unternehmerisches Wissen wirkungsvoll begleiten und sie steuern und gestalten“, erläutert Mecking.

Schenkungen ersparen den Erben die Erbschaftssteuer

Nottestament möglichst vermeiden

Bis zuletzt besteht die Möglichkeit, den letzten Willen zu formulieren. Bei naher Todesgefahr oder in lebensbedrohlichen Situationen kann man ein Nottestament verfassen, etwa als Dreizeugentestament. Dabei wird der Letzte Willen mündlich in Anwesenheit dreier Zeugen bekundet. Diese haben eine wirksame Niederschrift des Gesagten zu erstellen und zu unterschreiben.

Doch Rechtsanwalt Mecking warnt vor diesem Testament in letzter Sekunde. „Im eigenen Interesse und dem der Erben sollte es niemand auf ein Nottestament ankommen lassen, denn es ist sehr fehleranfällig“, warnt Mecking. Der Letzte Wille wird dabei nur mündlich übermittelt und es gibt eine Reihe formaler Voraussetzungen zu beachten. In vielen Fällen fehlt es daher an der Rechtswirksamkeit.

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Wann es zu spät ist

Wer schon in relativ jungen Jahren ein Testament verfasst hat, kann später, wenn sich die Lebensumstände, die Werte und Wünsche ändern, auch den Letzten Willen neu formulieren. Gebunden ist man lediglich, wenn ein Ehegattentestament oder ein Erbvertrag besteht, bei denen Änderungen nur noch dann möglich sind, wenn beide Seiten damit einverstanden sind. Ein Berliner Testament kann beispielsweise nicht mehr geändert wenn, wenn einer der Ehegatten verstorben ist.

Auch die sogenannte Testierfähigkeit kann im hohen Alter möglicherweise nicht mehr gegeben sein. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch ist testierunfähig, „wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln“. Dies betrifft vor allem Menschen, die an einer Demenzerkrankung wie Alzheimer leiden.

Wann der richtige Zeitpunkt für ein Testament gekommen ist, hängt also von verschiedenen Dingen ab. Je komplexer die Lebensumstände und je wertvoller der Nachlass ist, desto eher empfiehlt es sich, den Letzten Willen zu formulieren – und zwar mit fachlichem Rat und rechtlich wirksam.

TEXT: Lars Klaaßen
FOTOS: Miguel Bandeira / Unsplash, Lea Jones / Stocksy, Harry Beugelink / Shutterstock, Diya Pokharel / Unsplash

Bestandsaufnahme

Wer sein Testament schreiben möchte oder eine Schenkung in Betracht zieht, sollte folgende Aspekte berücksichtigen:

  • Wenn Sie verheiratet sind: In welchem Güterstand leben Sie mit Ihrem Ehemann oder mit Ihrer Ehefrau?
  • Sind Ihre Familienangehörigen geschäftsfähig?
  • Sind Ihre Familienangehörigen verschuldet?
  • Mit welchen Familienangehörigen verstehen Sie sich am besten?
  • Mit welchen Familienangehörigen haben Sie persönliche Probleme?
  • Versteht sich Ihr Ehemann oder Ihre Ehefrau mit den Kindern?
  • Kommen Ihre Kinder miteinander klar oder gibt es Probleme?
  • Können Ihre Familienangehörigen pflichtbewusst mit Vermögen umgehen?

Aus: „Richtig vererben und schenken“ der Verbraucherzentrale. Erhältlich unter www.ratgeber-verbraucherzentrale.de und im Buchhandel.