
Wenn die Eltern alt werden: Tipps für Pflege und Hilfe
Wie können wir unsere Eltern unterstützen, wenn sie alt werden? Und wie fängt man es an, mit ihnen darüber zu sprechen? Die Autorin Peggy Elfmann hat ein paar Tipps – aus eigener Erfahrung
„Es geht schon noch“ und „Das hat noch Zeit“ – mit solchen Ausflüchten versuchte Peggy Elfmanns Vater immer wieder, die Situation herunterzuspielen, als bei ihrer Mutter mit 55 Jahren Alzheimer diagnostiziert wurde. Heute würde sich Elfmann nicht mehr einfach so abspeisen lassen. Denn die Diagnose wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, um mit ihren Eltern über das Thema Pflege, Unterstützungsangebote oder auch den barrierefreien Umbau des Hauses zu reden, so die Journalistin in ihrem Buch „Meine Eltern werden alt. 50 Ideen für ein gutes Miteinander“.
Doch wenn die Tochter das Gespräch darüber suchte, blockte ihr Vater lange Zeit ab. „Eines Tages merkte ich: Es ist zu spät. Mamas Krankheit war über die Monate und Jahre fortgeschritten. Da wäre viel Zeit zum Reden gewesen, aber wir hatten es lange nicht getan. Wir wollten festhalten an dem, was noch war“, schreibt Elfmannn.
Über Pflege sprechen
Dass solche Gespräche für beide Seiten schwer sind, liegt auch daran, dass sich die Rollen verändern, dass die Kinder plötzlich Verantwortung für ihre Eltern tragen: „Als Kind ist es schwierig zu akzeptieren, dass die Eltern Hilfe benötigen, und beginnende Defizite anzusprechen. Als Eltern tut es weh, zu merken, dass manches nicht mehr klappt wie gewohnt und dass man von anderen zunehmend abhängig wird.“
Mit ihrem Buch möchte Elfmann erwachsene Kinder und ihre Eltern ermutigen, das Thema Pflege frühzeitig und gemeinsam anzugehen und nicht erst dann, wenn es bereits akut wird. Der beste Zeitpunkt sei, wenn die Eltern noch gesund seien. So hat man noch genug Zeit, sich in Ruhe, ohne Druck und Zugzwang auszutauschen. „Die Wahrscheinlichkeit, im Alter pflegebedürftig zu werden, ist hoch, egal ob wir uns damit auseinandersetzen oder nicht. Abzuwarten nimmt dir wichtige Chancen. Je offener wir uns über das Pflegen austauschen und je früher wir Veränderungen angehen, umso besser wird es gelingen, gute Lösungen für und mit unseren Eltern zu finden.“

Die eigenen Sorgen
Doch wie fängt man so ein Gespräch an? Sich Zeit zu nehmen und ehrliches Interesse zu zeigen, sei schon mal eine gute Basis, so Elfmann. Sie selbst habe anfangs durch Sätze wie „Also, Papa, wie sollen wir das jetzt machen?“ eher verhörartige Gespräche geführt, um eine schnelle und zuverlässige Lösung zu finden. Doch die Frage nach der Zukunft erfordere eine Strategie der Babyschritte. Elfmann rät: „Fang bei dir an und sprich darüber, was du dir für deine Zukunft vorstellst und wünschst. Vielleicht fallen deine Eltern mit ein, vielleicht brauchen sie noch Zeit. Gib ihnen diese Zeit und frage immer mal wieder, damit sie ihre Scheinwerfer nach vorn richten.“
Sie selbst habe erst dann mit ihrem Vater darüber reden können, als sie ihm sagte, dass sie sich Sorgen mache, weil sie nicht wisse, was er sich wünsche und was ihm wichtig wäre. Sie erzählte ihm von ihrer Angst, wie schon bei der Mutter so auch bei ihm den Zeitpunkt für ein Gespräch zu verpassen. „Zu sagen, dass ich mich sorge, war der Start für einen ehrlichen Austausch. Nein, wir sind damals nicht zu einem Ergebnis gekommen, aber es war der Beginn.“
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Wichtig sei auch, so Elfmannn, die Eltern nicht mit Ideen und Vorschlägen zu überhäufen, was ihnen vielleicht helfen könnte. Sie habe erst später verstanden, dass sich ihr Vater von ihrem Aktionismus übergangen fühlte. „Wir meinen es gut, wollen die Eltern bestmöglich unterstützen – und handeln dabei so, wie wir es für richtig empfinden. Mit konkreten Ideen und Lösungen, die wir so schnell wie möglich verwirklichen möchten. Aber oftmals wissen wir eigentlich gar nicht genau, ob das tatsächlich das ist, was sich unsere Eltern wünschen.“
Entsprechend reagierte ihr Vater mit Abwehr und die Tochter war frustriert. Besser wurde es, als sie ihn gefragt habe, wie es ihm gehe, was ihm helfen würde. Er began von seinen Ängsten erzählen. „Wenn wir unsere Eltern begleiten, geht es im ersten Schritt genau darum: zuzuhören.“

Alle an einen Tisch
Eine Möglichkeit, um in den Dialog zu kommen, sind Familienkonferenzen. Diese Treffen bieten die Gelegenheit, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und offen über die Zukunft zu sprechen. Hier können Themen wie finanzielle Angelegenheiten, Wohnsituation und gesundheitliche Vorsorge besprochen werden. Solche Gespräche erfordern Mut und Geduld, sind aber essenziell für eine gemeinsame Planung. Wichtig ist, die Person, um die es geht, ausreichend mit einzubeziehen.
Entscheidend ist auch ein unterstützendes Netzwerk aus Freunden und Familie. Elfmann empfiehlt, die Menschen zusammenzubringen, die bereit sind, Verantwortung zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen. Dies kann besonders hilfreich sein, wenn es darum geht, alltägliche Aufgaben zu bewältigen oder kurzfristig Hilfe zu leisten. Bestimmte Aufgaben könne man guten Gewissens delegieren: etwa indem man eine Haushaltshilfe engagiert, Bring- und Holdienste organisiert oder sich Medikamente von der Apotheke liefern lässt.
Elfmann plädiert dafür, Pflegen und Kümmern auf viele Schultern zu verteilen. „Nur weil du näher bei deinen Eltern wohnst als dein Bruder oder deine Schwester, musst du nicht alles allein machen. Auch wer in der Ferne lebt, kann To-dos übernehmen, etwa Hilfsmittel recherchieren und beantragen, Arzttermine koordinieren, Überweisungen tätigen, sich mit dem Pflegedienst austauschen.“ Wer keine Geschwister hat, sollte sich im Bekannten- und Freundeskreis der Eltern nach Unterstützung umsehen.
Schließlich rät die Autorin allen, die die Pflege der eigenen Eltern begleiten oder sich sogar komplett darum kümmern, auch auf sich selbst gut zu achten und regelmäßig Pausen einzulegen. „Innezuhalten und sich nur um sich selbst zu kümmern, ist eine wichtige Selbstfürsorge-Strategie. Nimm dir regelmäßige Auszeiten. Das kann ein Urlaub allein sein oder ein Abend mit Freunden.“ Zudem sei es wichtig zu akzeptieren, dass nicht alles perfekt laufen müsse. Es bedeute nur Stress, wenn man immer alles richtig machen wolle.
TEXT: Kristina Simons
FOTOS: Seb_Ra / iStock, Kate_Sept2004 / iStock, Evrymmnt / iStock
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Peggy Elfman gibt praktische Tipps u.a. zum altersgerechten Umbau der Wohnung, zu Sicherheitsvorkehrungen und Notrufsystemen, zu Medikamentenplänen, Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung. Über ihre Erfahrungen schreibt sie auch im Blog Alzheimer und wir.