Ratgeber

No. 32 – LIEBE Den Streit ums Erbe vermeiden

Emotionale Erbstücke: Keinen Streit um den Kleinkram!

Persönliche Gegenstände haben oft großen emotionalen Wert. Damit es darum nach dem Tod eines Menschen keine Verteilungskämpfe gibt, sollte man im Testament auf ein paar Dinge achten.

Manchmal ist gut gemeint nicht gut gemacht. Die Eltern haben ein Testament verfasst und darin klar geregelt, wer welche Vermögenswerte bekommen soll. Aber was ist mit den vielen kleineren Gegenständen, mit dem Silberbesteck, dem alten Flurschrank, der geliebten Stehlampe aus dem Wohnzimmer? Gerade an solchen Gegenständen hängen oft besondere Erinnerungen.

Im Todesfall sind es dann diese vermeintlichen Kleinigkeiten, die viel Konfliktpotenzial bergen. Sie können Geschwisterbeziehungen auf eine harte Probe stellen, die Verteilung des Erbes über Jahre blockieren, im schlimmsten Fall landet der Streit darüber vor Gericht. Dabei liegt die Lösung so nah. „Das Problem ist, dass viele den Unterschied zwischen Erben und Vermächtnisnehmern nicht kennen“, sagt die Nachlassverwalterin und zertifizierte Testamentsvollstreckerin Annette Thewes.

Erbe oder Vermächtnis?

Wenn jemand stirbt, gibt es immer einen oder mehrere Erben. Wer das ist, regelt entweder ein Testament oder die gesetzliche Erbfolge. Die Erbinnen und Erben treten automatisch die Rechtsnachfolge des Erblassers an. „Das heißt, sie müssen sich auch um alles kümmern, alle Rechnungen bezahlen, die Schulden der verstorbenen Person übernehmen, die Beisetzung organisieren“, erläutert Thewes. Jeder Erbin und jedem Erben steht ein bestimmter Anteil des gesamten Erbes zu. Erbt beispielsweise der Sohn ein Viertel des Nachlasses, so hat er Anspruch auf ein Viertel der vererbten Immobilie, auf ein Viertel der hinterlassenen Aktienpakets. Doch was soll er mit einem Viertel des Silberbestecks anfangen?

Schmuck vererben – ohne Streit

Erblasser können entweder darauf hoffen, dass sich ihre Erbinnen und Erben über diese vielen kleineren Gegenstände aus dem Nachlass gütlich einigen werden. Besser ist es, sie legen in ihrem Testament fest, wer was bekommen soll. Man spricht dann von einem Vermächtnis, die Erben sind dann zusätzlich auch Vermächtnisnehmer. „In einem Vermächtnis können Erblasser ganz klar festlegen, wer das Silberbesteck, wer den Schmuck und wer den antiken Schrank bekommt“, sagt Annette Thewes.

Aus Liebe

Wer Menschen, Tiere und die Natur liebt, kann nicht einfach wegschauen. Die Gründerinnen und Gründer unseres Magazins setzen sich dafür ein, die Welt ein Stück besser zu machen. Auch Sie können Bleibendes schaffen – über das eigene Leben hinaus. Mehr Informationen zur Initiative

Wer sonst soll bedacht werden?

Ein Vermächtnis ist darüberhinaus auch eine gute Möglichkeit, um beispielsweise eine gute Freundin oder eine Hilfsorganisation mit einem Teil des Nachlasses zu bedenken. Soweit die Pflichtteile in der Erbschaft nicht angefasst werden, haben Erblasserinnen und Erblasser hier eine gewisse Freiheit: Ein Vermächtnis sei eine wunderbare Möglichkeit, das abzubilden, was einem im Leben wichtig war, meint Annette Thewes. So, wie man gelebt habe, könne man damit auch den eigenen Nachlass verteilen.

Ein Testament mit Vermächtnissen sollte die vollständigen Namen und klare Bezeichnungen der Gegenstände beinhalten. „Man muss das Testament so formulieren, dass alle Beteiligten es auch umsetzen können.“ Die Erben sind dann verpflichtet, die vermachten Gegenstände herauszugeben. Die Vermächtnisnehmerinnen haben im Gegensatz zu den Erben keine rechtlichen Verpflichtungen, aber auch keine über die vermachten Gegenstände hinausgehenden Ansprüche.

Erbstreit kann Geschwister für immer entzweien.

Wer soll den Hut aufhaben?

Thewes empfiehlt Erblassern, gut zu überlegen, wer im Testament als Vermächtnisnehmer und wer tatsächlich als Erbe benannt wird. Ist die Person oder die Gruppe, die als Erbin in die Rechtsnachfolge eintreten soll, überhaupt in der Lage, den Nachlass abzuwickeln? Denn egal, ob es der Zutritt zum Haus des Erblassers ist, die Übergabe eines Schlüssels zu einem Schließfach oder das Unterschreiben einer Überweisung – für sämtliche Vorgänge muss die Erbengemeinschaft im Prinzip vollständig anwesend sein.

Daher kann im Testament auch ein Testamentsvollstrecker benannt werden. Diese Person entscheidet dann auch über alle Gegenstände, die nicht explizit im Testament genannt werden. Bei Streitigkeiten fungiert sie als Schiedsrichter. Diese Aufgabe kann eine Person aus dem Kreis der Erben, beispielsweise eine bestimmte Schwester, übernehmen. Doch gerade in Familien, in denen Konflikte absehbar sind, ist diese Lösung nur begrenzt zu empfehlen. „Das kann natürlich die Konkurrenz zwischen den Geschwistern befeuern“, gibt Thewes zu bedenken. „Um Streit zu vermeiden, bespricht man das am besten zu Lebzeiten mit den Betroffenen. Oder man beauftragt einen externen Testamentsvollstrecker, der im Konfliktfall das letzte Wort hat.“

Grundsätzlich sollte ein Testament gut durchdacht sein – einschließlich der möglichen Konflikte unter den Erbinnen und Erben – und dann gut formuliert werden: „Der letzte Wunsch ist etwas so Existenzielles, weil ich über alles verfüge, was ich im Leben geschaffen habe. Je präziser ein Testament formuliert ist, desto besser beugt man Streitigkeiten vor“, sagt Thewes.

TEXT: Kristina Simons
FOTOS: Raul Navarro / Stocksy, Dante Candal / Unsplash, Fujiphilm / Unsplash

Infos zu Testament und Erbschaft

Was ist bei einem Testament zu beachten? Welche Kosten sind mit dem Erben und Vererben verbunden, welche Freibeträge gibt es? Die kurzen Videos der Initiative Mein Erbe tut Gutes, die wichtige Fragen zum Erbrecht erklären, finden Sie hier.

Weitere Informationen gibt es zudem bei den bundesweit oder online stattfindenden Fachvorträgen zum Erbrecht. Alle Termine finden Sie hier.