Testamentsspende: Schritt für Schritt
Es braucht nicht viel, um die Welt ein bisschen besser zu machen – zum Beispiel mit einer Testamentsspende. Was ist gemeinnütziges Vererben? Was kann es bewirken? Und wie geht man am besten vor?
Es gibt viele Möglichkeiten, anderen Menschen Hoffnung zu geben. Man kann ihnen in schwierigen Situationen beistehen, sie trösten, ihnen ganz praktische Hilfe anbieten oder, wie Christian Neumann*, sie mit Geld unterstützen. Neumann hatte selbst keine gute Kindheit, wie er sagt. „Mir war es ein Anliegen, Kindern zu helfen, die ein ähnliches Schicksal haben wie ich.“ Deshalb unterstützt er heute regelmäßig das Deutsche Kinderhilfswerk (DKHW). Er sei überzeugt, „dass meine Spende hier in guten Händen ist und meine Ziele verwirklicht werden.“ Denn das DKHW setzt sich für Bildungschancen und bessere Lebensbedingungen für bedürftige Kinder ein. Dabei ist es auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Wie viele andere Hilfsorganisationen könnte es seine Arbeit ohne Spenden nicht ausüben.
Über den Tod hinaus etwas Gutes tun
Seit Jahren wächst die Zahl der Menschen, die auch über den Tod hinaus etwas Gutes tun wollen und eine gemeinnützige Organisation in ihrem Testament berücksichtigen. „Die einen wollen etwas zurückgeben, etwa weil sie selbst besonders privilegiert aufgewachsen sind“, sagt Milena Feingold, Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit beim DKHW. Andere wollen etwas weitergeben, weil sie es in der Kindheit – wie Christian Neumann – schwer hatten und vielleicht selbst Hilfe erfahren haben. „Manche wiederum wollen spenden, weil sie in einem Fernseh- oder Zeitungsbericht etwas über Kinder in Armut erfahren haben, das sie sehr bewegt hat.“ Immer gehe es darum, etwas Gutes zu tun und die eigene Werte weiterzugeben.
Die sogenannten Testamentsspenden, bei denen der Nachlass oder ein Teil davon an einen gemeinnützigen Zweck geht, sind in der Höhe sehr unterschiedlich. „Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass selbst kleinere Beträge viel bei uns bewirken können“, sagt Feingold. „Auch 500 oder 1.000 Euro unterstützen uns bereits in unserem Engagement für Kinder.“ Da Spenden an gemeinnützige Organisationen von der Erbschaftssteuer befreit sind, kommen sie fast komplett dem jeweiligen gemeinnützigen Zweck zugute. Nur ein geringer Teil geht für die Verwaltung der Organisation ab.
Welches Thema einem am Herzen liegt und wo man helfen will, ist von Mensch zu Mensch verschieden. „Bei unseren Spenderinnen und Förderern ist der Impuls oft der eigene Bezug zur Wissenschaft. Mit ihrer Spende wollen sie zum Beispiel den wissenschaftlichen Nachwuchs fördern und ihm ermöglichen, sich voll und ganz auf die Forschung zu konzentrieren“, sagt Tobias Klose. Er begleitet bei der Max-Planck-Gesellschaft Menschen, die beabsichtigen, in ihrem Testament auch die Forschung zu bedenken. Darunter sind immer wieder auch einige, die selbst betroffen sind. „Das ist gerade dann der Fall, wenn es um neurogenerative Krankheiten wie Demenz oder Alzheimer geht. Viele kennen selbst Betroffene und wollen mit ihrer Spende die Forschung in dem Bereich unterstützen.“
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Wer mit dem Gedanken spielt, gemeinnützig zu vererben, sollte einige Dinge beachten:
1. Die passende Hilfsorganisation finden
In welchem Bereich möchte ich Gutes tun? Welche Hilfsorganisation setzt sich dort ein, wo ich es für besonders wichtig halte? Bei solchen Fragen kann es helfen, das eigene Leben Revue passieren zu lassen. Was hat mich besonders geprägt, welche Momente waren besonders schwierig, was hat mir geholfen?
Zudem sollte man prüfen, wie vertrauenswürdig eine Hilfsorganisation ist. Auf den Seiten der Initiative „Mein Erbe tut Gutes“ finden sich Informationen zu den beteiligten 25 gemeinnützigen Organisationen und Stiftungen. Sie alle tragen das Erbschaftssiegel „In guten Händen“ sowie das DZI-Spendensiegel oder sind Mitglied im Deutschen Spendenrat.
2. Kontakt aufnehmen
„In den meisten Fällen rufen die potenziellen Erblasserinnen und Erblasser zunächst bei uns an“, berichtet Feingold vom DKHW. „Sie wollen zum Beispiel wissen, wie eine Testamentsspende funktioniert, wie man ein entsprechendes Testament schreibt, was es bei Geld- oder Immobilienspenden zu berücksichtigen gilt.“ Das Team des DKHW gibt ihnen dann erste Informationen. „Beraten dürfen wir sie nicht, das darf nur ein Notar. Wir vermitteln aber bei Interesse den Kontakt zu einem Notar, mit dem wir seit Jahren zusammenarbeiten.“ Bei komplizierten Fällen vermittelt das DKHW auch einen Erbrechtsanwalt oder eine Nachlassverwalterin.
3. Erbschaft oder Vermächtnis?
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten einer Testamentsspende. Die häufigsten sind Erbschaft und Vermächtnis. Erben und Erbinnen treten automatisch die Rechtsnachfolge an, übernehmen also auch Verbindlichkeiten oder Schulden. Das gilt für Personen ebenso wie für gemeinnützige Organisationen. Soll nur ein festgelegter Geldbetrag, eine Immobilie oder etwas anderes an eine bestimmte Person oder Organisation gehen, ohne dass diese in die Rechtsnachfolge tritt, handelt es sich um ein Vermächtnis. Die Erben sind dann verpflichtet, das Vermächtnis herauszugeben.
4. Testament schreiben
Ein Testament ist dann wichtig, wenn man selbst bestimmen will, was mit dem eigenen Nachlass geschehen soll. „Ihn rechtzeitig zu regeln, kann familiäre Streitigkeiten vermeiden und dafür sorgen, dass das eigene Hab und Gut sinnvoll über das Leben hinaus verwendet wird“, so Feingold.
Die einfachste Möglichkeit ist, das Testament mit der Hand zu schreiben, und zwar komplett. Eine handschriftliche Unterschrift reicht nicht. Wer Sorge hat, dass das Ganze unleserlich ist, kann einen maschinengeschriebenen Entwurf als Lesehilfe beifügen. Unbedingt erforderlich sind Ort und Datum und die Unterschrift am Ende. Sinnvoll sind außerdem eine Überschrift, möglichst detaillierte Angaben dazu, wer was bekommen soll, und bei mehreren Seiten eine Seitennummerierung. Weitergehende Informationen zur Gestaltung eines handschriftlichen Testaments finden Sie hier.
Gerade in komplizierteren Fällen kann es ratsam sein, das Testament nicht selbst zu formulieren, sondern eine Notarin oder einen Anwalt für Erbrecht damit zu beauftragen. „Das hängt zum Beispiel von der Höhe des Vermögens ab oder auch davon, ob Immobilien im Spiel sind“, sagt Feingold. „Kniffelig kann es zum Beispiel werden, wenn eine ausländische Immobilie oder gar Gesellschafteranteile an einer Firma zum Nachlass gehören“, so Klose. Hier sei professionelle Hilfe unerlässlich.
Erbrecht Tutorials
Was ist bei einem Testament zu beachten? Welche Kosten sind mit dem Erben und Vererben verbunden, welche Freibeträge gibt es? Die Initiative Mein Erbe tut Gutes bietet kurze Videos, die wichtige Fragen zum Erbrecht erklären. Zu finden auf YouTube.
5. Mit Angehörigen sprechen
Menschen, die sich für eine Testamentsspende entscheiden, haben häufig keine Angehörigen, die als Erben in Frage kämen. In anderen Fällen werden im Testament sowohl die Hinterbliebenen als auch eine oder mehrere gemeinnützige Organisationen bedacht. „Das DKHW ist regelmäßig Teil einer Erbengemeinschaft, zu der weitere Organisationen gehören“, sagt Feingold. „Ich finde es sehr schön, wenn Menschen in mehreren Bereichen mit ihrem Erbe etwas Gutes tun wollen.“
Auch Angehörige, die dafür auf einen Teil des Nachlasses verzichten müssen, haben viel Verständnis oder unterstützen es sogar ausdrücklich. Empfehlenswert ist, rechtzeitig mit allen Beteiligten zu sprechen und zu erklären, warum man das Erbe in einer bestimmten Weise aufteilen möchte, welche Sorgen einen umtreiben und welche Wünsche. In jedem Fall erhalten die direkten Angehörigen einen Pflichtteil. Wie hoch der jeweils ist, über welchen Teil des Nachlasses man durch das Erstellen eines Testaments frei verfügen kann und wie die persönliche Erbschaftssituation aussieht, lässt sich ganz einfach mit dem Erbenrechner von „Mein Erbe tut Gutes“ darstellen und berechnen.
6. Hilfsorganisation informieren
Auch für die bedachten Organisationen ist es hilfreich, wenn sie frühzeitig über die beabsichtigte Zuwendung informiert werden, um den Letzten Willen dann bestmöglich umsetzen zu können. „Wenn wir in einem Testament bedacht werden, hilft es uns sehr, wenn wir darüber informiert werden oder sogar eine Kopie des Testaments bekommen“, so Feingold. Das ist besonders dann empfehlenswert, wenn der Nachlass eine kompetente Abwicklung erfordert, etwa weil Kunstgegenstände oder Immobilien verkauft werden müssen.
*Name geändert
TEXT: Kristina Simons
FOTOS: Marti Sans / Stocksy, Rob und Julia Campbell / Stocksy, Air Images / Shutterstock