Editorial
Als wir nicht mehr zusammenkommen durften, spürten wir schmerzlich, wie sehr wir die Gemeinschaft mit anderen Menschen brauchen. Das hat uns Corona bitter gezeigt. Wir brauchen die Verbundenheit: das gemeinsame Frühstück mit den Liebsten, den Plausch am Arbeitsplatz oder das Treffen mit Freundinnen und Freunden, selbst die Familienfeiern brauchen wir, obwohl die ja nicht immer nur lustig sind. Denn jede Begegnung mit anderen Menschen aktiviert das Belohnungssystem in unserem Gehirn. Ohne sozialen Austausch verlieren wir unsere Lebensfreude. Ohne gemeinsame Erlebnisse werden wir trübsinnig.
Zudem funktioniert vieles nur durch gegenseitige Unterstützung: Weil eben für manche Dinge vier Hände besser sind als nur zwei. Weil ein guter Rat nicht vom Himmel fällt. Oder weil wir ganz konkrete Hilfe benötigen, wenn wir krank werden.
Unzählige Menschen zeigen Verantwortung für die Gemeinschaft, indem sie verlässlich einfach da sind, wenn Familie, Freunde oder Kollegen sie brauchen, indem sie eine Firma leiten, in der es nicht nur um Profite, sondern auch um Gemeinwohl geht, indem sie sich ehrenamtlich engagieren oder eine gemeinnützige Organisation unterstützen.
Es ist viel von Polarisierung und Spaltung der Gesellschaft die Rede. Wir dagegen sprechen über Gemeinschaft!
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
ZUM TITELBILD
Die erste Umarmung nach fünfmonatiger Corona-Isolation: Die 85-jährige Brasilianerin Rosa Luzia Lunardi wird von ihrer Pflegerin Adriana Silva da Costa Souza durch eine Plastikplane umschlungen. Das Foto des dänischen Fotografen Mads Nissen war das World Press Photo 2020.
Profit und Gemeinwohl
Sie nennen es Verantwortungseigentum – Unternehmer, die ihre Firma in die Hände der Belegschaft übergeben. Ihnen geht es nicht nur um Profite und Rendite, sie wollen auch etwas für das Gemeinwohl tun.
Weiterlesen...Das Gehirn will Gemeinschaft
Warum haben Menschen Mitgefühl, warum suchen sie das Miteinander und verhalten sich häufig sozial, statt für sich selbst den größeren Vorteil zu suchen? Unser Gehirn ist ein soziales Organ. Es spiegelt die Handlungen der anderen und setzt Glücksbotenstoffe frei, wenn wir kooperieren. Ist das menschliche Gehirn deswegen so groß?
Weiterlesen...Unsere Lieblinge
Lesetipp
Jeder brüllt, doch keiner hört zu. Und während man wutentbrannt übereinander herzieht, fühlen sich alle als Opfer, verletzt und beleidigt. Was darf man überhaupt noch sagen? Mit entlarvenden Geschichten, teils erfunden, teils aus seinem Bühnenalltag, beschreibt Kabarettist Florian Schröder, wie wir einem Schwarz-Weiß-Denken verfallen sind, bei dem man mit einer Äußerung schnell auf diese oder die andere Seite gestellt wird, dazwischen scheint kein Platz mehr. Und er erinnert daran, worauf es bei einem guten Streit ankommt: sich auf die Perspektive des anderen einzulassen. Ein gut gelauntes Plädoyer für die Meinungs- und Kunstfreiheit, gegen moralische Selbstgewissheit.
Florian Schröder: „Schluss mit der Meinungsfreiheit! Für mehr Hirn und weniger Hysterie.“ dtv, 2021. 368 Seiten. 16 Euro.
Das Zitat
„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“
ARISTOTELES
384 – 322 v. Chr., Philosoph und Wissenschaftler
Ideen, die bleiben
Deutsches Kinderhilfswerk
Sie wollten dem Trübsal aus Rutsche, Schaukel, Sandkasten etwas entgegensetzen und moderne Spielplätze schaffen, auf denen Kinder sich wohlfühlen und ausgiebig spielen können. Mit diesem Ziel gründeten drei Münchner Geschäftsleute im Februar 1972 das Deutsche Kinderhilfswerk. Zunächst wurde mit der Spendendose gesammelt. Bald folgten größere Aktionen, wie beispielsweise die mit der Bild-Zeitung initiierte Spendengala „Ein Herz für Kinder“. Auch die Tätigkeitsbereiche weiteten sich aus und das Deutsche Kinderhilfswerk setzte ab Beginn der 90er-Jahren die Kinderrechte in den Mittelpunkt seiner Arbeit, so wie sie in der UN-Kinderrechtskonvention festgeschrieben sind. Dazu gehört z.B. dass Kinder bei Fragen, die sie selbst betreffen, beteiligt werden und sie sich kindgerecht informieren können. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, Kinderarmut zu bekämpfen und sozial benachteiligte Kinder zu unterstützen. Kindgerechte Spielplätze waren der Anfang. Heute, 50 Jahre später, geht es darum, kinderfreundliche Lebenswelten zu schaffen – in jeder Hinsicht.
97
Die Zahl
Eine gute Nachricht: 97 von 100 Menschen in Deutschland haben eine konkrete Bezugsperson, die sie um Hilfe bitten können, wenn es darauf ankommt. Bei einer „Leben in Europa“-Befragung gaben die Teilnehmenden an, nicht nur auf die nähere Familie zählen zu können. Auch von Freunden, Nachbarn und Verwandten konnten sie die nötige Unterstützung erwarten. Selbst wenn der Notfall niemals eintritt, ist das wichtig. Denn Menschen, die sich fremder Hilfe sicher sein können, sind gut in ihr Umfeld eingebunden und leben in Gemeinschaft.
Schon gewusst?
Zweckfrei oder zweckgebunden?
Wer sein Erbe einem gemeinnützigen Zweck zukommen lassen möchte, sollte die konkrete Verwendung bzw. Organisation in seinem Testament festhalten. Die bloße Angabe, dass das Geld „für einen guten Zweck“ gespendet wird, genügt nicht. In diesen Fällen spricht man von einer Auflage, die zwar bindend ist, bei der aber die Erben entscheiden können, welche Organisation das Geld erhält. Auch für die jeweilige Organisation kann ein konkreter Verwendungszweck festgelegt werden, der bestimmt, wie genau das Geld genutzt werden soll. Die Bedingung, mit der man die Spende verbindet, sollte dem von der Organisation verfolgten gemeinnützigen Zweck entsprechen. Der Wohltätigkeitsorganisation dagegen die freie Verwendung über das Erbe oder Vermächtnis zu überlassen, hat den Vorteil, dass es flexibel dort eingesetzt werden kann, wo es benötigt wird. Das empfiehlt sich, wenn Projekte zeitlich begrenzt sind. Denn Achtung: Ist das bedachte Projekt nach dem Tod bereits beendet und die Zweckbindung zu eng formuliert, kann das Geld nicht verwendet werden.
Das tut gut