Nachlassberatung: Auf wen Verlass ist
Ein Testament mit komplexen Regelungen zu formulieren, ist eine Herausforderung. Wer sicher gehen will, dass der letzte Wille rechtssicher ist und tatsächlich einmal umgesetzt wird, sollte sich beraten lassen. Anwalt, Notar, Steuerberater, Bank oder gemeinnützige Organisation - wer hilft bei welchen Fragen? Ein Überblick.
Papier und Stift, mehr braucht man nicht, um ein handschriftliches Testament zu verfassen. Damit es gültig ist, gibt es nur wenige formale Dinge zu beachten – theoretisch. In der Praxis ist von solch einem eigenhändigen Testament ohne Beratung oftmals abzuraten. Das deutsche Erbrecht ist kompliziert. Es drohen viele Fallen, die später einmal den Erben große Probleme bereiten und für Streit sorgen können. Gerade wer höhere Vermögenswerte und Immobilien hinterlässt und einen größeren Personenkreis bedenken möchte, sollte sich Hilfe holen. Aber wo findet man unabhängige Beratung und wer ist der richtige Ansprechpartner?
Steuerberatung für finanzielle Fragen
Eine gut geplante Vermögensnachfolge ist Vertrauenssache. Mit Blick auf finanzielle Fragen ist deshalb oft die Steuerberaterin oder der Steuerberater die erste Adresse. Sie haben bereits einen guten Einblick in die persönlichen und in die Vermögensverhältnisse. Wer die Erbschafts- und Schenkungssteuer und die entsprechenden Freibeträge für seine Nachfahren mitbedenken möchte, erhält hier Informationen darüber, wie man den Nachlass am besten aufteilt. Auch für die Weitergabe von Betriebsvermögen ist die steuerrechtliche Beratung wichtig.
Erbrechtliche Beratung nur vom Anwalt
Steuerberater kennen sich zwar meistens auch im Erbrecht aus. Die Grenze zur unzulässigen Rechtsberatung ist jedoch schnell überschritten. „Wer ein Testament aufsetzen möchte, sollte daher einen Fachanwalt für Erbrecht aufsuchen“, empfiehlt Jan Bittler, Geschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Erbrecht und Vermögensnachfolge. „Diese Spezialisten bringen umfassendes juristisches Know-how mit, sodass alle Unklarheiten ausgeräumt werden und das Risiko späterer rechtlicher Auseinandersetzungen minimiert wird.“ Wichtig sei auch, dass man zu seiner Anwältin oder seinem Anwalt ein Vertrauensverhältnis aufbaut, betont Bittler. „Bei der Suche können Freunde und Bekannte hilfreiche Empfehlungen geben. Entscheidend bleibt aber immer der persönliche Eindruck.“
Notar garantiert die richtige Form
Erbrechtsanwältinnen und -anwälte vertreten die Interessen ihrer Klienten. Sie zeigen verschiedene Varianten, wie man seinen letzten Willen formulieren kann, so dass er den eigenen Vorstellungen entsprechend umgesetzt wird. Die Juristen erklären Vor- und Nachteile und geben Empfehlungen. Das Testament zu beurkunden, ist hingegen Aufgabe von Notaren. Sie garantieren, dass das Schriftstück formaljuristisch korrekt ist. Sie sind nicht verpflichtet, über Alternativen aufzuklären, die möglicherweise besser geeignet sein könnten, um den letzten Willen durchzusetzen.
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Wenn’s ums Geld geht – oder um Schulden
Eine Erbschaft besteht in der Regel aus Geld und aus Sachvermögen. „Bei Geld, das auf Konten und in Sparbüchern oder in bar vorhanden ist, ist die Bewertung eindeutig. Nach Abzug eventuell vorhandener Schulden und Verbindlichkeiten steht der Betrag, der vererbt wird, fest“, sagt Thomas Rienecker, Sprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. „Bei Sachwerten und Immobilien wird es jedoch schnell etwas komplizierter.“ Hierbei orientiert man sich am Marktwert: bei Autos etwa durch Vergleich in Internetportalen, bei Schmuckstücken oder Kunstgegenständen muss oft ein Gutachter diesen schätzen.
Auch Schulden können vererbt werden. Das können beispielsweise Mietrückstände, Ratenkredite oder Verbindlichkeiten aus Darlehen sein. „Schulden des Erblassers werden vom Wert des Nachlasses abgezogen“, erläutert Rienecker. „Sollte unter dem Strich ein Minus herauskommen, können die Erben das Erbe ausschlagen – allerdings nur innerhalb von sechs Wochen, nachdem sie vom Erbfall erfahren haben.“ Wenn es um Testament und Erbschaft geht, kann also auch ein vertrauensvolles Gespräch mit der Bank oder Sparkasse empfehlenswert sein.
Für den guten Zweck: miteinander reden
Menschen, die mit dem Erbe einen guten Zweck unterstützen wollen, sollten sich persönlich mit dem Verein oder der Stiftung in Verbindung setzen, den oder die sie fördern wollen. „Dort erhält man allgemeinere Informationen und kann erste wichtige Fragen klären“, erläutert Susanne Anger, Sprecherin der Initiative Mein Erbe tut Gutes. Es ist möglich, genau zu bestimmen, für welchen Zweck das Vermächtnis oder das Erbe verwendet werden soll. „Gemeinnützige Organisationen und Stiftungen sind verlässliche Erben. Man sollte mit ihnen besprechen, ob die gewünschten Fördermöglichkeiten längerfristig existieren, damit der letzte Wille wirklich erfüllt werden kann“, rät Anger. Vereine und Stiftungen übernehmen mitunter auch Aufgaben, die auch sonst oft in die Verantwortung der Erben fallen: Beerdigung, Grabpflege, Wohnungsauflösung oder die Versorgung des geliebten Haustiers. Das persönliche Gespräch ist der beste Weg, um diese Möglichkeiten zu klären.
Eine rechtliche Beratung dürfen gemeinnützige Organisationen und Stiftungen nicht leisten. Oftmals vermitteln sie jedoch Kontakt zur Erbrechtsberatung oder geben Gutscheine für eine Erstberatung aus. „Ein schöner Nebeneffekt ist zudem: Gemeinnützige Organisationen und Stiftungen sind von der Erbschaftssteuer befreit“, so Anger. „Der zugeteilte Nachlass, egal ob klein oder groß, bewirkt Gutes und kommt eins zu eins an.“
Rat und Orientierung
Rat und Orientierung zu einem Erbe für den guten Zweck bietet die Initiative „Mein Erbe tut Gutes“. Hier finden Sie den direkten Kontakt zu vielen Organisationen und Stiftungen. Über die Möglichkeiten der Testamentsgestaltung können Sie sich persönlich auf einer Veranstaltung in Ihrer Nähe informieren.
TEXT: Lars Klaaßen
FOTOS: chetverinka/Twenty20, Scott Graham/Unsplash, shapecharge/iStock