Editorial
Welch ein Glück! Wir werden schon geboren mit einer großen Portion Vertrauen. Und das ist gut so. Denn jeden Tag begeben wir uns in die Hände anderer. Vertrauen schafft Nähe und stärkt die Verbundenheit. Es geht uns gut damit. Deshalb schenke ich, trotz manch bitterer und tränenreicher Enttäuschung, anderen Menschen immer wieder einen Vertrauensvorschuss.
Mit dem Gedanken, dass es liebenswerte und vertrauenswürdige Menschen auf der Welt gibt, lebt es sich deutlich besser und zufriedener. Ein bewegendes Bespiel beschreibt Anna Seghers in ihrem Roman „Das siebte Kreuz“ über die Flucht von sieben Häftlingen aus einem Konzentrationslager. Sie schildert darin die absolute Integrität und Stärke einander vertrauender Menschen selbst in furchtbarsten dunklen Zeiten. Das letzte der sieben Kreuze, an dem der Lagerkommandant die gefassten Geflohenen binden lässt, bleibt deshalb leer, weil Seghers Hauptfigur Georg Heisler nicht nur auf die eigene Stärke vertraut, sondern vor allem auf die Hilfe guter Menschen.
Wie Vertrauen gelingt, wie wir es zurückgewinnen können und worauf wir achten sollten, darüber schreiben wir in dieser Magazinausgabe. Ist es doch gerade in diesen Zeiten wichtiger denn je, das Vertrauen und die Zuversicht nicht zu verlieren.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative
„Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“
Vertraut euch!
Vertrauen bedeutet, dem anderen eine Chance zu geben. Man riskiert dabei, belogen und betrogen zu werden. Dennoch lohnt es sich, dieses Wagnis einzugehen. Denn wer anderen vertraut, dem wird auch Vertrauen geschenkt. Der erste Schritt ist, die eigene Blase zu verlassen.
Weiterlesen...In guten Händen
Wer mit seinem Erbe etwas Bleibendes schaffen möchte, braucht Vertrauen – in die Wirkung seiner guten Taten und in die Zukunft. Man sollte sich fragen: Welches soziale, politische oder ökologische Thema ist mir wichtig? Und vor allem: Woran erkenne ich, ob eine Organisation oder Stiftung vertrauenswürdig ist?
Weiterlesen...Unsere Lieblinge
Lesetipp
Je unübersichtlicher die Situation, desto besser gedeihen Verschwörungserzählungen. Das wird nicht zuletzt in der Corona-Pandemie deutlich. In einem entspannten Ton, fundiert und ohne Überheblichkeit beschreiben die Netzaktivistin Katharina Nocun und die Sozialpsychologin Pia Lamberty, wie einfache Wahrheiten Orientierung in einer chaotischen Welt bieten und ihren Anhängern das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein. Die Autorinnen zeigen die Überscheidungen zu Esoterik, Impfgegnerschaft und Rechtsextremismus und warnen zugleich davor, von einem Randphänomen weniger Irrer auszugehen. Denn der Glaube an Verschwörungen radikalisiere auch in der Mitte der Gesellschaft.
Katharina Nocun, Pia Lamberty: „Fake Facts. Wie Verschwörungstheorien unser Denken bestimmen“. Sachbuch. Quadriga Verlag, 2020. 352 Seiten. 19,90 Euro.
Das Zitat
Alles Reden ist sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt.
FRANZ KAFKA
1883 - 1924, Schriftsteller
Berühmte Testamente
Wilhelm Sander
Als großzügiger Wohltäter war Wilhelm Sander zunächst kaum aufgefallen. Nach allem was bekannt ist, galt der Unternehmer als sparsam bis geizig und zeigte keine besondere soziale Verantwortung. Der 1897 in Nürnberg geborene Sohn eines Arztes erwarb seinen Reichtum nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem mit dem Bau von Mietswohnungen. Er blieb ledig und ohne Kinder. Dann aber erlebte Sander einen schweren Verlust, als seine langjährige Haushälterin Lina Burkhardt an Krebs erkrankte und schließlich starb. Die schmerzhafte Erfahrung und die Furcht, selbst zu erkranken, bewegten Sander dazu, sein umfangreiches Vermögen der medizinischen Forschung zu hinterlassen. Nach seinem Tod wurde 1975 die Wilhelm Sander-Stiftung errichtet, die seitdem vor allem die Krebsforschung unterstützt. Bis zu 9 Millionen Euro stellt die Stiftung jährlich dafür bereit. Sie gehört damit heute zu den 25 größten gemeinwohlorientierten Stiftungen in Deutschland.
43 %
Die Zahl
Nur etwa vier von zehn Deutschen vertrauen gemeinnützigen Organisationen, so das aktuelle Edelman Trust Barometer. Das ist in anderen Ländern besser: International glaubten fast 60 Prozent der Befragten, dass NGOs ethische Ziele verfolgen und die Kompetenz haben, ihre Versprechen auch einzulösen. Doch woran erkennt man eine vertrauenswürdige NGO? Sie sollte transparent, schnell und verständlich darüber informieren, wohin die Spenden fließen. Ob das Geld in guten Händen ist, belegen zum Beispiel die Gütesiegel von DZI und Spenderrat sowie das Erbschaftssiegel „In guten Händen“.
Schon gewusst?
Testamentsvollstrecker
Brauche ich einen Testamentsvollstrecker? Diese Frage stellt sich beispielsweise, wenn absehbar ist, dass es Streit zwischen den Erben geben wird. Auch dann, wenn Minderjährige als Erben eingesetzt oder wenn eher komplizierte Vermögensverhältnisse hinterlassen werden, ist ein Testamentsvollstrecker hilfreich. Als eine Art verlängerter Arm des Erblassers ist er nur diesem gegenüber verpflichtet und hat dessen letztwilligen Verfügungen auszuführen. Mit dieser vertrauensvollen Aufgabe kann man grundsätzlich jede und jeden betrauen. Juristisches und wirtschaftliches Fachwissen, eine gute Menschenkenntnis und Durchsetzungsstärke sind jedoch von Vorteil. Schließlich gilt es sehr unterschiedliche Pflichten zu erfüllen und mitunter auch gerichtliche Ansprüche zu vertreten und durchzusetzen. Das Honorar dafür liegt üblicherweise bei einem Prozentsatz des Nachlasses und wird nach Beendigung des Amtes fällig.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Das tut gut