Werte bewahren: Weitergeben, was wichtig ist
Ob mit Spenden, einem Ehrenamt oder kleinen Gesten im Alltag – viele Menschen versuchen dazu beizutragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Immer mehr wollen auch mit ihrem Erbe Gutes tun. Wie kann man die eigenen Werte bewahren und das, was einem wichtig ist, an die nächste Generation weitergeben? Und worauf sollte man achten?
Martina Herrmann* – kleine Frau, fröhliche Augen – schaut auf den Stapel Überweisungsträger. Sie überlegt kurz, dann zuckt sie mit den Schultern. Etwas Gutes zu tun, anderen zu helfen, das sei ihr immer schon wichtig gewesen. Und so spende sie eben regelmäßig von ihrer Rente ein paar Hundert Euro im Jahr für den guten Zweck. Der 77-Jährigen aus dem Süden Brandenburgs liegen soziale Dienste und das Theater ihrer Stadt am Herzen. Sie unterstützt aber auch den Kampf gegen Krebs und hilft im Katastrophenfall. Außerdem blickt sie in die Zukunft. Sie fragt sich, was einmal werden soll, wenn sie nicht mehr ist. Mit ihrem Erbe würde sie gerne weiter helfen.
Mit diesem Wunsch ist Martina Herrmann nicht allein. Laut einer Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) kann sich mehr als jeder Vierte der über 50-Jährigen vorstellen, sein Vermögen oder einen Teil davon für einen guten Zweck zu hinterlassen. „Das ist bemerkenswert, vor sechs Jahren war es noch jeder Zehnte“, sagt Susanne Anger, Sprecherin der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“. Bei denjenigen, die selbst keine Kinder haben, wäre heute sogar jeder Zweite dazu bereit.
Was bewegt Menschen wie Martina Herrmann zu so einer Entscheidung? Auch danach hat die GfK gefragt: Sie wollen ihre Werte und das, was ihnen im Leben wichtig ist, weitergeben. Das sagten mehr als 40 Prozent.
Auf das eigene Leben schauen
Allerdings ist es manchmal gar nicht so einfach herauszufinden, was einem wirklich wichtig ist. Susanne Anger erlebt auf ihren Veranstaltungen des Öfteren, dass das Publikum buchstäblich mit gespitztem Stift auf Informationen und Empfehlungen wartet. „Ich rate den Leuten immer, sich Zeit zu nehmen, in sich hineinzuhören und auf das eigene Leben zu schauen. Was hat mich geprägt? Was habe gerne gemacht? Wo wurde mir geholfen? Was vermisse ich heute vielleicht?“ So nähere man sich Stück für Stück weiteren Fragen, meint Anger. „Wem und wo will ich helfen? Möchte ich zum Beispiel, dass Kinder auf dieser Erde genug zu essen haben oder ist mir eine Krankheit wichtig, die besser erforscht werden soll? Möchte ich etwas in meinem unmittelbaren Umfeld bewirken oder anderswo auf der Welt? Nach einer solchen inneren Befragung kann man sich Stichpunkte aufschreiben, die bei der Orientierung helfen.“
Zurückschauen, Zufriedenheit gewinnen
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Über Hilfsorganisation, Verein oder Stiftung informieren
Im nächsten Schritt sucht man sich Organisationen, die das Anliegen teilen und die einem sympathisch sind. Eine gute Auswahl findet sich zum Beispiel beim Bundesverband Deutscher Stiftungen oder bei der Initiative „Mein Erbe tut Gutes“. Aber: „Der erste Eindruck allein ist nicht entscheidend“, betont Susanne Anger. „Informieren Sie sich über die Organisation und scheuen Sie sich nicht, nachzufragen.“
Richtig spenden
Gerade auch bei testamentarischen Zuwendungen gilt: Wer noch nicht weiß, für wen er spenden möchte, sollte sich vorher ein genaues Bild der Organisation machen. Hilfreiche Tipps hält u.a. die Stiftung Warentest in ihrem Ratgeber „Richtig spenden: Worauf Spender achten sollten“ bereit.
Beim Blick auf die Internetseiten oder in die Jahresberichte wird schnell klar, welche Ziele ein Verein oder eine Stiftung verfolgt, wem Spenden und Erbschaften zugutekommen und ob das den eigenen Vorstellungen entspricht. Ist die Organisation vertrauenswürdig? Wie auskunftsfreudig sind die Mitarbeitenden am Telefon oder im persönlichen Gespräch? Sehr zu empfehlen: den Namen der Organisation in eine Suchmaschine im Internet eingeben oder die Spenderberatung des Deutschen Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI) befragen. Wird vor ihr gewarnt? Gab es in der Vergangenheit Probleme beim Umgang mit den Spenden? All das findet man hier schnell heraus.
Auf Qualitätssiegel achten
Dass das Geld in gute Hände gelangt, dafür bürgen verschiedene Gütesiegel. Vielen ist das DZI-Spendensiegel bekannt. Aber auch das Spendenzertifikat des Deutschen Spendenrats oder eine Beteiligung an der Initiative Transparente Zivilgesellschaft sind gute Indikatoren für Seriosität. Zahlreiche Organisationen besitzen außerdem das Erbschaftssiegel. Sie verpflichten sich damit zu bestimmten ethischen Richtlinien. Dazu gehört, individuelle Wünsche sorgfältig und professionell zu bearbeiten und alle Informationen und Gespräche streng vertraulich zu behandeln. Bei Erbstreitigkeiten vertritt die Organisation die Wünsche der Erblasser.
In guten Händen
Die Organisationen und Stiftungen, die das Erbschaftssiegel tragen, verpflichten sich zu guten ethischen Richtlinien für das gemeinnützige Erbe: Sorgfalt und Respekt, höchste Transparenz und die Wahrung der freien Entscheidung.
Das persönliche Gespräch suchen
Im persönlichen Gespräch lassen sich individuelle Fragen und Wünsche am besten klären. Zum Beispiel, wie man auch mit kleineren Beträgen als Testamentsspende oder Zustiftung viel Gutes bewirken kann. Die richtige Ansprechperson findet man in der Regel auf den Internetseiten der Organisationen. Viele bieten regelmäßig Veranstaltungen an und informieren ganz allgemein zu den Themen Vererben und Testament. Bei Bedarf vermitteln sie fachanwaltliche Beratung. Denn das deutsche Erbrecht kann leider ganz schön kompliziert sein.
Service und Rat
Rat und Orientierung zu einem Erbe für den guten Zweck bietet die Initiative „Mein Erbe tut Gutes“. Hier finden Sie den direkten Kontakt zu vielen Organisationen und Stiftungen. Über die Möglichkeiten der Testamentsgestaltung können Sie sich auch persönlich auf einer Veranstaltung in Ihrer Nähe informieren.
Und wenn man sich nicht für eine einzige Organisation entscheiden kann? Das sei kein Problem, betont Susanne Anger. „Natürlich ist es möglich, sein Vermögen oder einen Teil davon als Erbe oder Vermächtnis auf mehrere Organisationen zu verteilen.“ Wie man sich auch entscheidet, zu wissen, dass man auch nach seinem Tod Gutes bewirken wird, es ist eine befriedigende Aussicht.
* Name auf Wunsch geändert
TEXT: Angelika S. Friedl
FOTOS: arthurbraunstein/Photocase.de, mister_pretty_pictures/Twenty20,
Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“