Herzenssache: Welche Spuren will ich hinterlassen?
Was soll einmal von mir bleiben? Welchen guten Zweck möchte ich mit meinem Erbe unterstützen? Keine leichten Entscheidungen. Ein guter Kompass dafür sind die eigenen Werte und Ideen, und natürlich die Erfahrungen, die uns geprägt haben. Susanne Anger von der Initiative „Mein Erbe tut Gutes“ hat Tipps, wie man die passende Hilfsorganisation findet.
Für die einen ist es wichtig, Werte weiterzugeben und der Gesellschaft etwas zurückzugeben. Andere haben keine Angehörigen (mehr), die als Erben infrage kommen. Tatsächlich kann sich bereits jeder Zehnte über 65 vorstellen, mit einem Teil seines Vermögens über das Leben hinaus Gutes zu bewirken, mit einer Testamentsspende, Zustiftung oder Stiftung . Bei denjenigen, die keine Kinder haben, ist es sogar jeder Dritte. Wie findet man heraus, was einem wichtig ist und welchen guten Zweck man mit seinem Erbe unterstützen möchte? Susanne Anger ist Sprecherin der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“. Sie kennt diese Fragen gut.
Frau Anger, welche Fragen bewegen die Menschen, die sie bei Ihren Vorträgen und auf Veranstaltungen treffen?
Die meisten sprechen über ihre persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen. Über das, was ihnen im Leben passiert, wer ihnen begegnet und was ihnen lieb und teuer ist. Und sie fragen ganz direkt: „Was kann ich, was muss ich tun? Was sollte ich beachten, wenn ich einer guten Sache etwas vererben möchte?“
Was raten Sie Menschen, die die passende Organisation suchen?
Man sollte sich Zeit nehmen und eine kleine Liste machen, was für die eine oder andere Organisation oder Stiftung spricht. Es hilft, sich darüber bewusst zu werden, was einem im Leben wichtig war und ist. Meistens wissen das die Leute schon – nur unbewusst. Deswegen raten wir ihnen, sie sollen doch in sich hineinhorchen und all das durchgehen, was ihnen besonders am Herzen liegt. Wo beginnt es zu klopfen? Ist es eher beim Umweltschutz oder wenn es um Armut oder Kinder geht? Es gibt eine Reihe von Techniken, für sich selbst Bilanz zu ziehen, den eigenen Lebensweg nachzuzeichnen und sich an wichtige Meilensteine zu erinnern. Vielleicht stehen am Ende dann auch mehrere Anliegen.
Welche Rolle spielt dabei die Lebenserfahrung?
Die eigene Betroffenheit und die eigene Lebensgeschichte spielen bei der Entscheidungsfindung eine große Rolle. War man eine politische Aktivistin, dann brennt man für andere Themen und es kommen andere Organisationen in die engere Wahl, als wenn das Pflegende oder Sorgende wichtiger ist. Wer viel gereist ist, der möchte womöglich die Schönheit der Natur erhalten oder sich für Gerechtigkeit einsetzen. Vielen wird zum Ende des Lebens auch bewusst, was sie über Jahrzehnte vergessen oder verdrängt haben, zum Beispiel, dass sie aus einer Flüchtlingsfamilie kommen und den Krieg miterlebt haben. Andere fragen sich, wer ihnen in schwierigen Lebenssituationen geholfen hat. Und häufig möchten Menschen etwas an die Gesellschaft zurückgeben, weil es ihnen selbst gut ergangen ist.
Wie informiere ich mich über gemeinnützige Organisationen?
Wir raten Interessenten und potenziellen Erblassern, die Internetseiten der Organisation zu lesen und sich einen Jahresbericht schicken zu lassen. Und wir ermutigen sie, einfach mal anzurufen. In persönlichen Gesprächen lernt man eine Organisation gut kennen und kann zugleich die eigenen Vorstellungen und Erwartungen abgleichen. Wie offen spricht die Organisation über ihre Arbeit? Wie geht sie auf meine Wünsche ein? Was ist möglich, welchen Service bietet sie? Es ist völlig in Ordnung, sich zunächst zu informieren und Organisationen zu vergleichen. Wir empfehlen auch, mit den Kindern darüber zu sprechen, mit Freunden oder einer anderen Vertrauensperson. Das gibt Sicherheit und lässt die Entscheidung weiter reifen.
Ansprechpartner finden
Mehr erfahren, Kontakt aufnehmen und einen Termin vereinbaren – hier finden Sie viele Ansprechpartner bei Organisationen und Stiftungen.
Warum ist das persönliche Gespräch wichtig?
Mit jedem Testament sind viele Emotionen und Wünsche verbunden, denen die Organisationen gerecht werden wollen. Der Letzte Wille des Erblassers ist zwingend für sie, weil sie das Geld nicht anders, als darin festgehalten, verwenden darf. Umso wichtiger ist es, sich persönlich beraten zu lassen und wichtige Fragen rechtzeitig zu klären. Nichts ist schlimmer, als wenn der Letzte Wille allein wegen einer falschen Adresse nicht umgesetzt werden kann.
Warum sollte das Testament so konkret wie möglich sein?
Wer den eigenen Wunsch, Gutes zu tun, so detailliert und präzise wie möglich aufschreibt, entlastet seine Erben. So müssen sich die Hinterbliebenen nicht fragen: „Wie machen wir es Mutter oder Vater recht?“. Ein weiterer wichtiger Grund: Wenn man nur allgemein schreibt, welchen Zweck man unterstützen möchte – Kinder, Hunger, Umwelt, Gesundheit –, ohne die gemeinnützige Organisation zu nennen, entscheidet das am Ende das Nachlassgericht, nicht die Familienangehörigen. Für viele ist es eine große Erleichterung, wenn sie ihr Erbe endlich geregelt haben. Und, keine Sorge, man kann ein Testament jederzeit noch einmal anschauen und verändern.
Interview: Anja Karrasch
Fotos: krung99/iStock, Initiative „Mein Erbe tut Gutes“/M. Weber