Ratgeber

No. 25 – ANGST Nicht gleich den Kopf in den Sand stecken!

Hilfe, es passiert etwas Neues!

Die meisten Menschen haben Angst vor Veränderungen. Das kann der Verlust des Arbeitsplatzes sein, eine Scheidung, eine schwere Krankheit oder ein Umzug im hohen Alter. Umbrüche gehören zum Leben dazu. Warum es sich lohnt, Neues zu wagen, und wie man seine Ängste überwindet.

Zwei Herzen schlagen in unserer Brust. Wir wollen zum einen Sicherheit und Geborgenheit, zum anderen suchen wir nach Abwechslung. Vor allem dann, wenn das Leben vom Alltagstrott beherrscht wird. Aber jeder Mensch hat sein eigenes Maß, wie viel Gewohnheit und wie viel Abenteuer er benötigt. „Manche Menschen sind immer auf der Suche nach Herausforderungen, während andere bereits bei kleinsten Widrigkeiten und Veränderungen im Alltag aus dem Gleichgewicht geraten“, erklärt die Psychotherapeutin Doris Wolf.

Normalerweise kommen wir besser mit Veränderungen zurecht, wenn wir sie selbst angestoßen haben. Kommen sie dagegen von außen, kämpfen wir oft mit Ängsten und dem Gefühl des Kontrollverlusts – wir können nicht abschätzen, was in Zukunft passiert und was wir selbst tun können. Besonders stark war das Gefühl der Hilflosigkeit während der ersten Wochen und Monate der Covid-Pandemie. Die Menschen fühlten sich von den Veränderungen überrollt. Während des Lockdowns saßen sie in ihren Wohnungen fest und niemand wusste, ob womöglich alles noch schlimmer wird.

Solche Phasen der Lähmung und Unsicherheit müssen wir eine gewisse Zeit lang aushalten. „Unsicherheit und Anspannung sind ganz normale Reaktionen auf negative Veränderungen.“ Das sei nicht nur schlecht, mein Doris Wolf: „Sie zeigen uns, dass sich eine Situation zu unserem Nachteil verändern könnte, geben uns aber auch die Energie, die Situation – wenn möglich – entsprechend unserer Vorstellungen zu lenken.“

Neue Triebe wachsen aus dem Beton

Es lohnt sich daher, genauer anzuschauen, wovor man eigentlich Angst hat. Fürchte ich mich davor, zu versagen? Geht es darum, dass ich die Kontrolle verlieren könnte? Welche Konsequenzen befürchte ich? Ein bewährter Trick ist, sich vorzustellen, was passieren könnte, wenn die schlimmsten Befürchtungen tatsächlich eintreten würden. Was könnte ich dann tun? Oder ließe sich diese Situation sogar verhindern?

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Doch manchmal ist die Angst vor Veränderungen so groß, dass sie einen lähmt. „Das raubt uns unsere Kräfte und verhindert, dass uns gute Lösungen einfallen“, weiß Doris Wolf. „In einem solchen Fall kann es helfen, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu stärken“. Denn jeder Mensch besitzt Ressourcen, auch wenn sie manchmal wie ein Schatz aus der Tiefe gehoben werden müssen. Die folgenden Tipps unterstützen dabei, gelassener mit Veränderungen umzugehen:

  • Erinnern Sie sich an schwierige Situationen aus der Vergangenheit, die Sie erfolgreich bewältigt haben: Wie ging es mir nach der Trennung von meinem Partner oder nach dem Verlust der Arbeit vor zehn Jahren? Wie habe ich es geschafft, mich wieder aus dem Loch herauszuarbeiten? Machen Sie sich Ihre damalige Kraftquelle auch visuell bewusst, indem Sie zum Beispiel ein stärkendes Wort, einen helfenden Satz auf einen Zettel schreiben, an den Kühlschrank kleben oder auf den Schreibtisch legen.
  • Tun Sie sich etwas Gutes: Überlegen Sie, welche Dinge Ihnen Ruhe und Stabilität bringen. Das kann ein leckeres Essen sein, Spaziergänge machen oder Sport treiben, bewusst Musik hören oder sich für einige Stunden eine Auszeit in der Natur gönnen. Sprechen Sie mit vertrauten Menschen über Ihre Ängste und suchen Sie Kontakt zu anderen, die eine ähnliche Situation gemeistert haben.
  • Schaffen Sie eine psychologische Distanz: Gedankenspiele können dem aktuellen Drama etwas von seiner Schärfe nehmen. Welche Folgen wird die aktuelle Situation überhaupt auf mein Leben haben? Würde ich in fünf Jahren meinen Freunden davon erzählen wollen? Man kann sich auch vorstellen, die Erde vom Mond aus zu betrachten. Von dort aus liegen die drohenden Umstellungen in der Firma oder der gefürchtete Umzug in eine andere Stadt in weiter Ferne.

Es sei klug, sich auf Veränderungen einzustellen, meint die Psychologin Wolf. „Mit Veränderungen umzugehen kann man lernen, wie man einen Muskel trainiert. Dazu müssen wir uns immer mal wieder „schupsen“ und aus unserer Wohlfühlzone kommen“. Denn Veränderungen gehören zum Leben dazu. Johann Wolfgang von Goethe schrieb dazu: „Man sieht die Blumen welken und die Blätter fallen, aber man sieht auch Früchte reifen und neue Knospen keimen. Das Leben gehört den Lebendigen an, und wer lebt, muss auf Wechsel gefasst sein“.

Zum Weiterlesen

Doris Wolf: Ängste verstehen und überwinden. Die Psychotherapeutin erklärt, wann Angst normal und wann sie irrational ist, wie man mit der Angst vor der Angst umgehen kann und wie man Angst am besten überwinden kann. Erschienen im PAL Verlag, 2017.

TEXT: Angelika Friedl
FOTOS: iStock / Marvinh, iStock / Nastco, PAL Verlag, Unsplash / Jene Stephaniuk