Editorial
Der Krieg in der Ukraine macht es deutlich. Die grausamen Bilder von Tod und Zerstörung sind zum Verzweifeln. Doch gleichzeitig erleben wir eine neue Welle der Menschlichkeit. Vor allem in der Not beweisen wir, was in uns steckt, was uns als Menschen ausmacht: der spontane Altruismus, unsere Hilfsbereitschaft, wenn wir Leid erleben. Und es ist kein Geheimnis, dass es auch uns selbst gut tut, wenn wir anderen helfen.
Dafür brauchen wir aber weder Krieg noch Katastrophen. Gelegenheiten, anderen Menschen etwas Gutes zu tun, gibt es jeden Tag und an vielen Orten: bei der Arbeit, in der Familie, unter Nachbarn, auf der Straße oder im Supermarkt. Man muss sie nur nutzen! Auch wenn es meist um Kleinigkeiten geht, in der Summe haben viele kleine Taten eine große Wirkung auf unser Zusammenleben.
Menschlich zu handeln, ist immer auch ein Abenteuer. Oft wissen wir nicht, wie es ausgehen wird. Zu helfen, sich einsetzen, kann auch bedrückend und schmerzhaft sein, nicht selten müssen wir uns überwinden. Wir sollten uns dennoch drauf einlassen. Denn ohne jede Berechnung menschlich zu handeln, lässt uns das Glück spüren, für andere da zu sein und zeigt, wer wir wirklich sind: Einfach selbstverständlich menschlich.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
ZUM TITELBILD
Auf dem Weg in die Sicherheit: Zwei Kinder schauen aus dem Fenster ihres Zuges, der sie von Kiew in die Westukraine bringt.
Prothesen und Chips: Update für den Menschen
Seit etwa 30 Jahren wird an der Koppelung von Mensch und Maschine geforscht. Durch die Verbindung von Gehirn und Computer können Querschnittsgelähmte etwa Prothesen bewegen und künftig sogar kommunizieren. Je weiter die Forschung voranschreitet, desto dringender stellen sich Fragen jenseits der Technik: Was ist der Mensch – und was will er sein?
Weiterlesen...Ethisches Handeln: Jede Tat hat eine Wirkung
Von der selbstlosen Heldentat bis zum Türaufhalten: Ethisches Handeln hat viele Facetten. Doch manchmal stehen wir vor einem moralischen Dilemma. Um im entscheidenden Moment das Richtige zu tun, hilft die Auseinandersetzung mit ethischen Fragen. Und ein bisschen Übung.
Weiterlesen...Unsere Lieblinge
LESETIPP
Unser Menschenbild ist geprägt von den schlechten Nachrichten, die wir jeden Tag hören. Je schrecklicher das Ereignis, desto größer unsere Aufmerksamkeit. Doch im Grunde sei der Mensch gut, meint der Historiker Rutger Bregman und sammelt dafür beeindruckende Belege. Egal ob Archäologie, Biologie oder Soziologie, überall häufen sich die Hinweise, dass sich der Mensch vor allem deswegen als Art durchsetzen konnte, weil er altruistisch veranlagt ist. Statt survival of the fittest, setzte sich der „Freundlichste“ durch. Bregmans äußerst unterhaltsamer Ritt durch Menschheitsgeschichte und Forschung gibt Anlass, weit verbreitete Überzeugungen zu überdenken. Wir sollten optimistischer auf die eigene Spezies blicken!
Rutger Bregman: „Im Grunde gut. Eine neue Geschichte der Menschheit.“ Rowohlt Verlag, 2020. 480 Seiten. 24 Euro
Das Zitat
„Nicht unseren Vorvätern wollen wir trachten uns würdig zu zeigen - nein: unserer Enkelkinder!“
Bertha von Suttner
1843 – 1914, Schriftstellerin und Pazifistin
IDEEN, DIE BLEIBEN
Right Livelihood Award
Der Deutsch-Schwede Jakob von Uexküll handelt mit wertvollen Briefmarken und kommt viel in der Welt herum. Er sieht die globalen Probleme wie Hunger und Umweltzerstörung. Er sieht aber auch, dass es viele Ansätze gibt, um die Probleme anzugehen. Allerdings wird den Ideen und den Menschen dahinter wenig Beachtung geschenkt. Uexküll will das ändern: Wer einen Nobelpreis verliehen bekommt, der wird ernst genommen! Deswegen verkauft Uexküll einen Teil seiner Briefmarkensammlung und bietet den Erlös von einer Million US-Dollar dem Nobelpreiskomitee an, um zwei neue Nobelpreise für Umweltschutz und Entwicklung ins Leben zu rufen. Das Komitee lehnt freundlich ab. Doch Uexküll gibt nicht auf und gründet 1980 – mit gerade mal 36 Jahren – seinen eigenen Preis, den Right Livelihood Award. Der Preis wird bald auch „Alternativer Nobelpreis“ genannt – eine treffende Bezeichnung. Mit dem Right Livelihood Award werden Menschen, die die Welt verändern, nicht nur geehrt. Der Preis ist auch eine direkte Unterstützung, er verschafft den Preisträgerinnen und -trägern Gehör, vernetzt sie mit anderen Aktivistinnen und Aktivisten und trägt nicht selten dazu bei, sie vor politischer Verfolgung zu schützen.
69%
Die Zahl
Die beiden vergangenen Jahre der Corona-Pandemie haben sich positiv auf die Hilfsbereitschaft ausgewirkt. Bei Umfragen zum World Happiness Report 2022 gaben 69 Prozent der Befragten an, im vorangegangenen Monat einem fremden Menschen geholfen zu haben. 37 Prozent der Befragten hatten für den guten Zweck gespendet, 23 Prozent hatten sich ehrenamtlich engagiert. Insgesamt stieg demnach die Hilfsbereitschaft der Menschen weltweit um durchschnittlich 25 Prozent im Vergleich zum Zeitraum 2017 bis 2019. Bleibt zu hoffen, dass sich dieser Trend fortsetzt.
Schon gewusst?
Vererben oder vermachen?
Auch wenn beide Worte oft synonym verwendet werden – „vererben“ und „vermachen“ sind nicht dasselbe. Wer einen konkreten Gegenstand, Rechte oder Geld vermachen möchte, muss dies ausdrücklich in einem Testament oder Erbvertrag regeln. Die Erbschaft hingegen kann auch von Gesetzes wegen eintreten. Erbinnen und Erben erhalten dann automatisch die gesamten Vermögenswerte und Rechte, aber auch die Schulden. Gibt es mehrere Erbinnen und Erben, teilen sie sich alles. Dies schließt erst einmal auch vermachte Werte mit ein. Die oder der Begünstigte muss dann das Vermächtnis bei den Erben einfordern. Ein Vermächtnis ist damit nur sinnvoll, wenn man möchte, dass eine Person etwas Konkretes erhält, z.B. die Plattensammlung, das Auto oder eine Summe Geld. Der Vorteil ist, dass nur Vermögenswerte, aber keine Schulden vermacht werden. Der Nachteil ist, dass ein solcher Anspruch erst gegen die Erbinnen und Erben durchgesetzt werden muss – wenn die sich weigern, notfalls auch vor Gericht.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Das tut gut