Ratgeber

No. 27 - DANKBAR Wie gehen wir mit den Rückschlägen im Leben um?

Dankbar auf das Leben zurückschauen

Es tut gut, sich daran zu erinnern, wie viel Gutes man im Leben erlebt hat. Doch manchmal hadern wir mit unserem Schicksal. Wie umgehen mit den Niederlagen, Konflikten und Verlusten, die uns belasten? Die Gerontologin Bettina Ugolini empfiehlt ein einfaches Gedankenspiel: Was wäre, wenn...?

Wir alle sind hin und wieder unzufrieden oder meckern herum. Unzufriedenheit ist ja nicht immer nur schlecht. Sie weist uns auf eine unbefriedigende Situation hin, die wir ändern können. Es gibt aber auch Menschen, die grundsätzlich nur das halbleere Glas sehen. Wie schade! Denn Studien zeigen, dass Menschen, die dankbar sind, sich besser fühlen, weniger stressanfällig sind und zufriedener mit ihrem Leben.

„Irgendwo habe ich gelesen, dass Dankbarkeit eine Liebeserklärung an das Leben ist“, erzählt die Psychologin Bettina Ugolini in ihrer Podcast-Folge über Dankbarkeit. Sie leitet die Beratungsstelle „Leben im Alter“ am Zentrum für Gerontologie des Uniklinikums Zürich. Für Ugolini ist klar: Dankbarkeit ist einer der Schlüssel, um ein erfülltes Leben zu führen.

Welche Wege bin ich gegangen?

Der Blick zurück verändert den Blickwinkel

Ältere, manchmal auch jüngere Menschen, blicken gerne auf ihr Leben zurück. Oft mit der Absicht, eine Art Bilanz zu ziehen. Eine solche Rückschau kann Dankbarkeit auslösen – weil jemand zum Beispiel eine behütete Kindheit erlebt hat, in einem erfüllenden Beruf arbeiten konnte oder froh darüber ist, nie einen Krieg erlebt zu haben. Sogar schlimme Ereignisse werden in der Rückschau manchmal positiv bewertet. Was zunächst als große Katastrophe erschien, hat womöglich am Ende eine gute Wendung genommen. Wie die schmerzliche Trennung von einem Partner, durch die es aber erst möglich wurde, jemanden neues kennenzulernen. Oder wie eine furchtbare Krebserkrankung, nach der sich viele Menschen fühlen, als hätten sie ein zweites Leben geschenkt bekommen.

Manche schreiben eine Biographie, um ihr Leben besser verstehen zu können. In der Psychotherapie gibt es die sogenannten Lebensrückblicksgespräche. Sie sind besonders für diejenigen geeignet, die eine eher negative oder verbitterte Einstellung zu ihrem Leben haben. Mit Hilfe der Gespräche sollen sich die Klientinnen und Klienten zum einen an gute Erlebnisse erinnern, auf die sie dankbar schauen können. Zum anderen sollen sie versuchen, negative Erfahrungen aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Wofür waren sie gut, was habe ich aus ihnen gelernt? Wo liegen meine Stärken? Wann habe ich das Beste aus einer Situation gemacht?

Digitaler Lebensrückblick

Das Universitätsklinikum Jena bietet online die Möglichkeit, bequem von zuhause aus einen digitalen Lebensrückblick zu erstellen. Angefangen mit der Kindheit hilft die Webseite, sich strukturiert an die einzelnen Lebensabschnitte zu erinnern. Es können auch Bilder hochgeladen werden. So entsteht, Stück für Stück eine eigene Biografie als PDF. Dabei sollte man auch mal Pausen machen und ein paar Tage die Beschäftigung unterbrechen. Der Rückblick auf ein ganzes Leben braucht Zeit.

Wie würden wir ohne sauberes Wasser leben?

Dankbarkeit ist ein scheues Reh. Sie gehört zu den stillen Gefühlen und drängt sich nicht vor. Der Alltag und die Gewöhnung sind ihre natürlichen Feinde. Alles, was wie am Schnürchen läuft oder was wir immer zur Verfügung haben, halten wir für selbstverständlich. „Diese Haltung können wir mit einem Gedankenspiel durchbrechen, indem ich mir vorstelle, was wäre, wenn die schönen Dinge, die ich erlebt habe, nie passiert wären“, empfiehlt Bettina Ugolini. Wenn ich zum Beispiel in bitterer Armut leben müsste oder unter einer Krankheit leiden würde. Was würde passieren, wenn ich meine Wohnung verlöre? Laut UN haben 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sicherem Trinkwasser. Wie es wäre also, mit dem Kanister in der Hand um sauberes Wasser anzustehen?

Was wäre, wenn es unsere geliebten Menschen nicht gäbe?

Dankbarkeit üben

Wir fühlen uns besser und freuen uns mehr des Lebens, wenn wir dankbar auf den Tag, die Woche oder unser Leben blicken. „Wenn wir Dankbarkeit empfinden, können wir nicht gleichzeitig unglücklich sein. Darum ist es wichtig, sich immer wieder vor Augen zu führen, wofür man heute dankbar ist“, meint Bettina Ugolini. Sie könnten zum Beispiel:

  1. drei Dinge finden, die in letzter Zeit gut geklappt haben.
  2. Danke im Alltag sagen.
  3. das Gute am Schlechten aufspüren.
  4. eine Dankbarkeitsliste führen.

Nichts verpassen!

In tiefer Umarmung: Es tut gut, anderen Menschen Dankbarkeit zu zeigen.

Mit unserem Newsletter „Prinzip Apfelbaum“ verpassen Sie keine Ausgabe. Wir senden Ihnen regelmäßig Anregungen, Rat und Service – kostenlos per E-Mail in Ihr Postfach.

Jetzt kostenfrei anmelden!

Wer sich entscheidet, eine Dankbarkeitsliste zu erstellen, kann diese mit Sätzen beginnen wie zum Beispiel:

  • Es ist schon etwas Besonderes, dass….
  • Ich kann mich glücklich schätzen, dass….
  • Heute freue ich mich besonders auf….
  • Zwar fühle ich mich gerade schlecht/traurig etc., aber wenigstens…

Suchen Sie sich einen Satz heraus und schreiben Sie fünf bis zehn Minuten lang auf, wofür Sie dankbar sein könnten – was Ihnen gerade einfällt. In der nächsten Woche üben Sie mit einem anderen Satz, der dann am besten zu Ihrer Situation passt. Eine besonders einfache und wirksame Art, um mehr Dankbarkeit in sein Leben einzubauen, ist, im Alltag öfter mal „Danke“ zu sagen. Suchen Sie sich ein oder zwei Methoden aus, die Ihnen zusagen. Und tauschen Sie diese hin und wieder gegen andere aus. Denn Gewöhnung ist wie gesagt der stärkste Gegner der Dankbarkeit.

TEXT: Angelika Friedl
FOTO: Edyta Pawlowska / photocase, Addictive Stock / photocase, knäckeboot / photocase