Rituale? Sind sie noch zeitgemäß? Überhaupt notwendig? Ganz bestimmt! Denn was wäre ein Geburtstag ohne liebevoll ausgesuchte Glückwunschkarten oder fröhlich gestaltete Facebook-Gimmicks? Was wäre Weihnachten ohne Kerzen und Glitzergirlanden? Das Treffen zweier Staatsoberhäupter, die sich nicht die Hand geben, wäre ein Desaster. Die Umarmung zur Begrüßung, wenn wir liebe Menschen wiedersehen, ist dagegen ein Glück.
Rituale geben uns einen Rahmen. Wie Leitplanken brauchen wir die kleinen und großen Zeremonien. Weil sie immer gleich sind, wissen alle Beteiligten, was zu tun ist. Die Gesten werden von allen verstanden. Das hilft uns vor allem in schweren Situationen, etwa wenn wir einen geliebten Menschen verlieren. Darum sind Sterbe- und Trauerrituale so wichtig. Gerade in der Corona-Pandemie mussten wir oftmals erleben, dass die Rituale des Abschieds uns bitter fehlten.
Auch in einer Gesellschaft, die sich heute so individuell ausprägt, sollten wir auf Rituale nicht verzichten. Denn sie stiften Gemeinschaft – wir begehen sie zusammen, sie sind unsere gemeinsamen Gewohnheiten, die uns lieb sind und gleichzeitig Orientierung geben.
Natürlich sollten wir uns fragen, welche Rituale wir wollen. Welche Traditionen wollen wir entsorgen, welche neu entdecken oder umgestalten? Und nicht zuletzt sollten wir erwägen, auch ganz neue Rituale für unsere Zeit zu schaffen.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"