Ratgeber

No. 17 - RITUALE Paarrituale: Zu zweit auf dem Tandem.

Paarrituale: Bloß keine leere Routine!

Paare brauchen Rituale, um einem großen Gefühl Ausdruck zu verleihen. Aber auch, um eine Liebe durch die Jahre zusammenzuhalten. Was es dazu braucht und wie das gelingt, hat uns Cornelia Theresia Rahl erzählt. In ihrer Coaching-Praxis hilft sie Paaren, ihre eigenen Rituale zu finden und zu pflegen.

Warum sind Rituale für Paare so wichtig?

Bei unserer Arbeit mit Paaren zeigt sich immer wieder, dass Rituale die Paare verbinden und die Beziehung festigen. Viele berichten, dass sie sich durch gemeinsame Rituale zusammengehörig und geborgen fühlen.

Können Sie Beispiele für gut funktionierende Rituale nennen?

Indem wir jeden Abend fragen, „Wie war Dein Tag?“ zeigen wir dem Partner, dass wir an ihm und seinem Leben interessiert sind. Kleine, regelmäßige Gesten wie der morgendliche Abschiedskuss oder eine liebevolle Nachricht zwischendurch lassen sich gut in den Alltag integrieren. Ein Paar, das bei uns im Coaching war, verabredet sich jede Woche zu einer „Date Night“. An diesem Abend verbringen sie die Zeit ausschließlich miteinander, ohne Ablenkung. Viele Paare pflegen auch größere Rituale wie einen Ausflug am Jahres- oder Hochzeitstag. Mein Mann und ich sind an unseren Geburtstagen immer den ganzen Tag zusammen. Rituale funktionieren immer dann gut, wenn sie für das jeweilige Paar stimmig sind und in ihren Alltag passen.

Wie entstehen Paarrituale?

Im Laufe der Zeit entwickelt jedes Paar unbewusst seine ganz eigenen Rituale. Die einen kochen beispielsweise am Wochenende gemeinsam, die anderen verabreden sich täglich zu einem kleinen Abendspaziergang. Rituale können sich auch immer wieder ändern. Mal fallen welche weg, ohne dass man es merkt. Dann entstehen wieder neue. Paare können auch ganz bewusst Rituale schaffen. Das ist mit etwas Arbeit verbunden, weil man am Anfang dran denken muss, bis sie irgendwann zur Gewohnheit geworden sind.

Ein Paar tanzt versunken zuhause. Paarrituale beleben die Beziehung.

Wie schafft man es, Rituale auch in stressigen Zeiten zu pflegen?

Rituale können nur dann bestehen, wenn sie in den Alltag des Paares passen. Wenn man eigentlich jeden Tag zum Abendessen zusammenkommen möchte, aber einer der Partner sehr häufig Abendtermine hat oder keinen geregelten Feierabend, wird dieses Ritual über kurz oder lang hinten runterfallen. Sich immer wieder bewusst zu machen, dass Rituale wichtig und eine Art Investition in die Beziehung sind, hilft vielen Paaren, sie auch zu pflegen. Wenn ein Ritual immer wieder vergessen wird, ist es für das Paar vielleicht nicht das richtige. Oft hilft es dann, ein anderes zu erschaffen, das besser in den Alltag und zum jeweiligen Paar passt.

Sind Frauen oder Männern besser darin, Rituale zu pflegen?

Wenn es um alltägliche Rituale geht, können wir kaum Unterschiede erkennen. Bei den größeren Ritualen, die alle paar Monate oder einmal jährlich stattfinden, haben wir viele Männer als „vergesslicher“ wahrgenommen. Ihnen hilft es, sich eine Erinnerung in den Kalender zu schreiben.

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Wie können Paare verhindern, dass Rituale zur leeren Routine werden?

Wir ermutigen Paare, das anzusprechen, wenn ein Ritual für die eine Seite nur noch eine leere Routine und Belastung ist. Hier ist allerdings Fingerspitzengefühl gefragt. Denn eventuell ist das Ritual für die Partnerin oder den Partner sehr wichtig und es infrage zu stellen, kann die Beziehung bedrohen.

Können Rituale auch dabei helfen, mit Konflikten besser umzugehen?

Viele Paare pflegen Streitrituale, die nicht sehr konstruktiv sind. Bei einem harmlos beginnenden Gespräch kippt plötzlich die Stimmung und es endet in einem Streit. Meist ist unklar, was passiert ist.

In unserem Coaching geht es viel um Kommunikation, damit Paare neue Streitrituale entwickeln: Sie schauen zuerst, welchen Anteil sie selbst daran haben, dass die Stimmung gekippt ist. Eventuell hat der Partner oder die Partnerin einen wunden Punkt erwischt, von dem er oder sie nichts weiß. Und dann sollte man schauen, wie es dem oder der anderen in dem Moment geht. Ob er oder sie vielleicht gerade einfach gestresst ist oder genervt von etwas ganz anderem.

Gibt es auch Rituale, die einer Beziehung schaden können?

Alle Rituale, die zu leeren Routinen geworden sind, haben das Potenzial, eine Belastung für die Beziehung zu werden. Das Gleiche gilt auch für Rituale, die sich ein Partner wünscht, die für den anderen allerdings nicht stimmig sind. Ein negatives Ritual ist auch, wenn sich nach einem Streit ein Partner zurückzieht und tage- oder wochenlang nicht mehr mit dem anderen spricht. Ein Paar hat uns berichtet, dass die eine Seite schon deshalb immer nachgibt, um nicht tagelang angeschwiegen zu werden.

Professionelle Hilfe

Wenn ein Paar es alleine nicht schafft, aus belastenden Verhaltensmustern rauszukommen, empfiehlt sich professionelle Hilfe. Adressen von Therapeutinnen und Therapeuten finden sich etwa auf Paartherapeut-finden.de, über den Arbeitskreis Paar- und Psychotherapie oder das Institut für Paartherapie.

Was raten Sie Paaren in solchen Fällen?

Vielen Paaren hilft es, sich bewusst zu machen, dass der Partner oder die Partnerin diese Verhaltensmuster nicht absichtlich nutzt, um den anderen zu beleidigen oder einen Streit vom Zaun zu brechen. Wer erkennt, dass dahinter oft eine Hilflosigkeit steht und dass der oder die andere sich im Moment nicht anders artikulieren kann, kann aus diesen Verhaltensmustern ausbrechen. Und vor allem: Man sollte nicht vergessen, seine Aufmerksamkeit immer wieder auch auf die positiven Seiten der Partnerin oder des Partners zu richten.

GESPRÄCH: Kristina Simons
FOTOS: FatCamera / iStock, Studio Firma / Stocksy