Auseinanderzugehen und Abschied zu nehmen, das fällt uns fast immer schwer. Evolutionspsychologen meinen gar, es käme einem psychischen Erdbeben gleich, sich von wichtigen Dingen, aber vor allem von wichtigen Menschen zu trennen. Und tatsächlich ist der Mensch für Abschiede schlecht gerüstet. Wir sind Klammeraffen, vom ersten Tag an. Unser Gehirn sucht und festigt Bindungen. Auf Trennungen reagiert es ebenso heftig wie auf körperliche Verletzungen: mit Schmerz. Denn eigentlich wollen wir verbunden bleiben.
Und doch, Abschiede begleiten uns von klein auf. Zu jedem Zeitpunkt des Lebens müssen wir uns trennen: Am ersten Kindergartentag, an dem uns die Mama verlässt. Am Ende der ersten Liebe, einer beruflichen Station, eines Ortswechsels. Und am Ende eines Lebens. Das ist sicher der schwierigste Abschied, den wir erleiden und erleben. Loslassen, das müssen wir mühsam lernen, lebenslang.
Das Thema Abschied steht deshalb im Mittelpunkt dieser Ausgabe unseres Magazins. Helfen kann uns dabei die bewusste Auseinandersetzung, sich rechtzeitig Gedanken zu machen, wie wir gehen wollen, anderen nah sein und über das Ende zu reden. So erschütternd die psychischen Erdbeben des Abschieds auch sein können, oft fördern sie einen Schatz zutage, den wir erst entdecken, wenn die schlimmste Zeit der Trauer überwunden ist: Wir erkennen noch einmal neu, was wir an einem Menschen wirklich schätzten und liebten. Und dieses Erkennen tröstet und hilft uns.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"