Prinzip Apfelbaum - Magazin über das, was bleibt

No. 11 – WANDEL

No. 11 – WANDEL

© Erich Hartmann / Magnum Photos / Agentur Focus

Cover: No. 11 – WANDEL

© Erich Hartmann / Magnum Photos / Agentur Focus

Editorial

Leben heißt Veränderung. Nichts bleibt, wie es ist. Wir wissen das und doch haben wir oft Angst, gewohnte Bahnen zu verlassen. Denn Wandel braucht Mut – und viele Wandel-Themen wirken bedrohlich. Klima, Demografie, Digitalisierung – all das wird unser Leben nachhaltig verändern.

Jede Veränderung abzulehnen, hieße gegen die Zeit zu leben. Wer erkennt, dass Veränderungen nötig sind, um das Gute zu bewahren, ist zum Wandel bereit. Sich dem Wandel zu stellen, muss deshalb nicht bedeuten, alles Vertraute über Bord zu werfen, sondern sich neue, angepasste Ziele zu setzen, also mit der Zeit zu leben.

Veränderung zwingt uns dazu, die eigene Komfortzone zu verlassen, neugierig zu bleiben und Unbekanntes zu wagen. Das eröffnet neue Möglichkeiten: Wir können uns neu erfinden, schlechte Gewohnheiten überwinden, eine sinnstiftende Tätigkeit beginnen, die Beziehungen zu unseren Liebsten stärken und dafür sorgen, dass etwas von uns bleibt.

Was sich wandelt, können wir gestalten. Das ist die gute Nachricht. Wie Wandel gelingen kann und wie daraus neue Chancen erwachsen, davon erzählen wir in dieser Ausgabe.

Susanne Anger

Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"

Menschen

„Nur eine vielfältige Welt ist eine stabile Welt“

Klaus Töpfer, 81, ist ein unermüdlicher Kämpfer für den Umwelt- und Klimaschutz. Im Interview erklärt der frühere Umweltminister, warum wir mit einer Wohlstandslüge leben und wie wir im offenen Dialog eine enkeltaugliche Welt gestalten können. Jungen Menschen rät er, nicht im Protest zu verharren, sondern die Zukunft mitzugestalten.

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Leben für Wandel: Porträt von Klaus Töpfer, Berlin 2019. Der frühere Umweltminister und Chef des UN-Umweltprogramms ist ein unermüdlicher Kämpfer für den Umwelt- und Klimaschutz. Ein Gespräch über ein Leben für den Wandel. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Peter Rigaud

Impulse

Vom Wissen zum Wandel

„Sei Du selbst die Veränderung, die Du dir wünschst für diese Welt“, forderte Mahatma Gandhi. Wandel beginnt im Kopf jedes Einzelnen, mit klaren Zielen und der Einsicht, dass Veränderungen auch positiv sein können. Ein kleiner Funke kann eine ganze Bewegung entfachen. So kann aus einer Idee Wirklichkeit werden.

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Vom Wissen zum Wandel: Pappschild mit der Aufschrift „Wake Up“ und einer gemalten Erde in Flammen bei Klimaproteste in Berlin. Wandel beginnt im Kopf jedes Einzelnen. Ein kleiner Funke kann eine ganze Bewegung entfachen. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Markus Spiske on Unsplash

Wissenswertes

In der Drehtür der Generationen

Diesen Moment erleben wohl alle erwachsenen Kinder irgendwann: Plötzlich sind die Eltern nicht mehr diejenigen, die Halt geben. Sie werden älter und brauchen selbst Unterstützung. Dann ist es Zeit, die Kinderrolle endgültig zu verlassen. Filiale Reife bedeutet, zu den Eltern eine neue Beziehung auf Augenhöhe zu entwickeln. Wie kann das gelingen?

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Wenn Eltern alt werden: Erwachsene Tochter umarmt ältere Mutter am Strand. Die Verletzlichkeit der Eltern erinnert an die eigene Endlichkeit. Wie entwickelt man eine Beziehung auf Augenhöhe, wenn Eltern älter werden? In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: davidpereiras/photocase.de

Unsere Lieblinge

Lesetipp

Lesetipp: Cover des Buches „102 grüne Karten zur Rettung der Welt“, Hg.: KATAPULT, erschienen im Suhrkamp Verlag, 2020.. In Prinzip Apfelbaum – Magazin über das, was bleibt. Ausgabe: Wandel

Aus einer Zahl wird ein Bild. Zum Beispiel 900 Millionen Hektar. So viel Wald müssten wir pflanzen, damit die Welt CO2-neutral wird. Das entspricht einem Quadrat von 3000 mal 3000 Kilometern, etwa so groß wie China. Zugegeben, ein ziemlich theoretisches Quadrat. Aber es zeigt: Vieles ist möglich! 102 Grafiken hat das KATAPULT-Magazin für sein zweites Buch zusammengetragen. Plastikmüll, Fahrradwege, der Pro-Kopf-CO2-Ausstoß. Die anschaulichen Karten machen Zusammenhänge begreifbar und verändern unsere Sicht auf die Welt. Auf einen Blick wird klar, wie dramatisch der Zustand der Erde ist – aber auch, wie leicht es wäre, ihn zu verbessern.

KATAPULT (Hg.): „102 grüne Karten zur Rettung der Welt“. Sachbuch. Suhrkamp, 2020. Gebunden, 203 Seiten. 22 Euro.

Berühmte Testamente: Der Hamburger Unternehmer und Stifter Kurt A. Körber, an einem Globus stehend. Sein Vermögen nutze er, um gesellschaftliche Veränderungen durch Dialog und Verständigung anzustoßen. Ein Testament für den guten Zweck. Prinzip Apfelbaum – Magazin über das, was bleibt. Ausgabe: Wandel. Foto: Körber-Stiftung

Berühmte Testamente

Kurt A. Körber

Innovative Ideen – davon hatte Kurt A. Körber eine Menge. Als Unternehmer meldete er rund 200 Patente an. Als Stifter brachte er zahlreiche Programme auf den Weg, immer mit dem Ziel, gesellschaftliche Veränderungen durch Dialog und Verständigung anzustoßen. Nicht vergangene Verdienste wollte er auszeichnen, sondern „das Neue, das zur Bewährung Drängende“. Das Balancieren zwischen unternehmerischem Gewinn und Gemeinwohl begann früh. 1946 verließ der Ingenieur die sowjetische Besatzungszone, um in Hamburg neu anzufangen. Seine Hauni-Werke produzierten Zigarettenmaschinen und eroberten bald den Weltmarkt. 1957 gründete Körber die Hauni-Stiftung zum Wiederaufbau des Hamburger Thalia Theaters, 1959 dann die Kurt-A.-Körber-Stiftung. „Er hat die zweite Hälfte seines Arbeitstages darauf verwandt, mit dem in der ersten Hälfte erzielten Gewinn Gutes zu tun“, schrieb Altbundeskanzler Helmut Schmidt über seinen Freund. Durch sein Testament machte Kurt A. Körber seine Stiftung zur alleinigen Eigentümerin der Körber AG. Noch heute, 28 Jahre nach dem Tod des Stifters, erhält die Körber-Stiftung so eine jährliche Dividende von rund 19 Millionen Euro – ausschließlich für die gute Sache.

78.000.000

Die Zahl

Deutschland hat so viele Menschen wie nie zuvor. 83 Millionen sind es zurzeit. Und auch in den kommenden Jahren dürfte die Bevölkerungszahl weiter steigen. Doch spätestens 2032 ist damit voraussichtlich Schluss. Laut den Prognosen des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung werden 2060 nur noch 78 Millionen Menschen in Deutschland leben. Wir werden weniger und wir werden älter. Ob Arbeitsmarkt, Renten oder schrumpfende Regionen – der demografische Wandel wird unsere Gesellschaft nachhaltig verändern.

Schon gewusst?

Wenn die Ehe scheitert

Wer sich das Ja-Wort gibt, hofft zumeist, die Liebe werde ewig halten. Die Statistik belegt anderes: Etwa 15 Jahre dauern Ehen hierzulande im Schnitt. Wollen verheiratete Paare getrennte Wege gehen, sollten sie eins bedenken: Erbansprüche, die Eheleute grundsätzlich gegenseitig haben, gelten auch dann noch, wenn man längst nicht mehr zusammen lebt. Das kann kuriose Folgen haben. Im Extremfall erbt nicht etwa ein neuer Lebenspartner, sondern selbst nach Jahren immer noch der Angetraute. Deshalb der Tipp: Ist die Ehe gescheitert, reicht man am besten sofort die Scheidung ein. Nur wenn die Scheidung beantragt ist oder der Antrag zugestellt wird, bevor man selbst stirbt, erlöschen gesetzliche Erbansprüche. Übrigens: Auch Ehegattentestamente sind unwirksam, sobald die Scheidung eingereicht ist. Lebt man nur getrennt, sollte notariell ein Widerruf erfolgen.

Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE

Das tut gut

Das tut gut: Gewinner des Förderpreis „Verein(t) für gute Kita und Schule“ jubeln mit Bundesministerin Franziska Giffey. Die Stiftung Bildung ist Mitglied der Initiative

Förderpreis für Zukunft

Veränderungen sind möglich. Das zeigen die vielen Umwelt- und Sozialprojekte an Kitas und Schulen, mit denen Kinder und Jugendliche einen Beitrag für eine nachhaltigere und gerechtere Welt leisten. Drei Projekte aus Niedersachsen, Sachsen und Thüringen wurden dafür mit dem Förderpreis 2019 der spendenfinanzierten Stiftung Bildung ausgezeichnet. Insgesamt 29 Projekte waren nominiert. Die drei Gewinner konnten an ihren Schulen einen Plastik-Stopp, regionales Gemüse in der Kantine und Nachhaltigkeit als Teil der Ausbildung durchsetzen.

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Das tut gut: Ausschnitt eines Kampagnenmotivs Das Deutsche Kinderhilfswerk gibt Tipps für den Umgang mit Kinderfotos im Netz. Das Motto: #DenkenFragenPosten. DKHW ist Mitglied der Initiative

Erst denken, dann posten

Niedliche Kinderfotos am Strand, auf dem Dreirad oder mit Geburtstagstorte – gepostet von Eltern und Großeltern. Schon Kleinkinder sind bei Facebook oder Instagram präsent, ohne dass sie selbst darüber entscheiden können. Auch auf WhatsApp sind Bilder schnell geteilt und weitergeleitet. Doch Kinder haben Persönlichkeitsrechte, die gewahrt werden müssen. Was ihre Eltern süß finden, ist ihnen selbst vielleicht peinlich. Das Deutsche Kinderhilfswerk gibt praktische Tipps, was man beachten sollten, bevor ein Kinderfoto geteilt wird.

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Das tut gut: Sielmanns Biotopverbund Bodensee in Überlingen, möglich auch durch Erbschaften und Vermächtnisse zum Ankauf wertvoller Flächen. Die Heinz Sielmann Stiftung ist Mitglied der Initiative

Naturlandschaften retten

Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu bewahren, ist eines der größten Ziele heutiger Naturschutzarbeit. Die Heinz Sielmann Stiftung setzt sich dafür ein, unzerschnittene Landschaften zu erhalten, Militär- und Industriebrachen zu renaturieren und Biotopverbünde zu schaffen. Möglich wird das auch durch Erbschaften und Vermächtnisse, mit denen die Stiftung jedes Jahr wertvolle Flächen ankauft, um diese zu schützen. In den mittlerweile über 13.000 Hektar Naturlandschaft erleben Besucher Artenvielfalt und facettenreiche Natur.

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Das tut gut: Die DKMS ruft junge Menschen auf, sich registrieren als Knochenmarkspender registrieren zu lassen – sie bleiben länger in der Datei und werden häufiger ausgewählt. Die DKMS ist Mitglied der Initiative

Sich wandeln und wachsen

Sechs Millionen Spender sind bei der DKMS in Deutschland registriert. Beeindruckend viele – und doch nicht genug. Denn jeder 10. Blutkrebs-Patient findet keinen Spender. Zwar lassen sich täglich etwa 1.800 neue Lebensretter aufnehmen. Jedoch scheiden jährlich etwa 77.000 Spender altersbedingt mit 61 Jahren aus. Damit die Zahl der Spender stetig wächst, ruft die DKMS insbesondere junge Menschen an Schulen und Hochschulen auf, sich registrieren zu lassen – sie bleiben länger in der Datei und werden häufiger als Spender ausgewählt.

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Das tut gut: Schülerinnen der Hebammenschule von action medeor in Sierra Leone feiern ihren Abschluss. Das Medikamenten-Hilfswerk stärkt damit das Gesundheitssystem des Landes. action medeor Mitglied der Initiative

Hebammen für Sierra Leone

In kaum einem Land der Welt sterben so viele Mütter und Babys bei oder kurz nach der Geburt wie in Sierra Leone. Fast jede 17. Gebärende ist betroffen. Das liegt unter anderem am fehlenden medizinischen Personal; viele Helfer starben während der Ebola-Epidemie. Deswegen gründete action medeor vor zwei Jahren eine Hebammenschule im Süden des Landes. Gerade haben die ersten 49 Schülerinnen ihre Ausbildung erfolgreich abgeschlossen, weitere 100 befinden sich in Ausbildung. Eine gute Nachricht für die Frauen und Kinder im ganzen Land.

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Das tut gut: Blut- und Plasmakonserven in einer speziellen Kühlbox für den Einsatz an Bord eines Hubschraubers. Das Verfahren wurde entwickelt von der DRF Luftrettung, Mitglied der Initiative

Blut und Plasma im Helicopter

Ein schwerer Unfall: Der Verletzte verliert große Mengen Blut. Dann ist schnelle Hilfe entscheidend. Bislang konnten Patienten zunächst nur mit einfachen Infusionslösungen versorgt werden. Die DRF Luftrettung hat nun mit Partnern in Greifswald und Mannheim ein Verfahren entwickelt, mit dem sich neben Blut- auch Plasmakonserven im Hubschrauber mitführen lassen. Im September konnte ein Heli der DRF Luftrettung erstmals einem Motorradfahrer mit einer Bluttransfusion direkt an der Unfallstelle das Leben retten.

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Das tut gut: Wilder Balkanfluss. EuroNatur kämpft für den Erhalt des Naturerbes auf dem Balkan, das Blaue Herz Europas. Die Stiftung EuroNatur ist Mitglied der Initiative

Das Blaue Herz Europas

Unberührte Schluchten, große Auwälder, Flüsse mit riesigen Schotterinseln und spektakuläre Wasserfälle – nirgendwo sonst in Europa gibt es so viele unzerstörte Flusslandschaften wie auf dem Balkan. EuroNatur kämpft dafür, dieses Naturerbe zu bewahren. Denn die Lage ist dramatisch: Über 8.700 neue Kraftwerke sind laut einer aktuellen Studie in Europa geplant, über 3.800 allein auf dem Balkan. Doch es gibt auch gute Nachrichten. Zuletzt konnte der Bau von zwei Wasserkraftwerken im nordmazedonischen Mavrovo-Nationalpark gestoppt werden.

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Das tut gut: Die Menschenrechtskämpferin Aminatou Haidar aus Westsahara bei der Verleihung des Alternativen Nobelpreises in Stockholm, 2019. Die Right Livelihood Foundation ist Mitglied der Initiative

Preis für eine bessere Welt

Sie verteidigen Menschenrechte, bekämpfen Armut, stiften Frieden und schützen unsere Umwelt. 178 außergewöhnliche Persönlichkeiten und Organisationen wurden seit 1980 mit dem Right Livelihood Award ausgezeichnet, besser bekannt als „Alternativer Nobelpreis“. Das 40-jährige Bestehen wird in den kommenden Monaten mit Konferenzen in Bangkok, Addis Abeba und Medellín gefeiert, auf denen frühere Preisträgerinnen und Preisträger zusammenkommen. Sie alle verbindet ein Ziel: eine lebenswerte Zukunft für die kommenden Generationen zu gestalten.

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