Prinzip Apfelbaum - Magazin über das, was bleibt

No. 4 – EHRENSACHE

No. 4 – EHRENSACHE

© Peter Marlow/Magnum Photos/Agentur Focus

© Peter Marlow/Magnum Photos/Agentur Focus

Editorial

„Ist doch Ehrensache!“ – Wenn wir diesen Satz hören, fällt er meist nebenbei, fast lapidar hinterhergeschoben. Es steckt Bescheidenheit darin: „Ist doch nichts Besonderes, Gutes zu tun“. „Ehrensache“ versteht sich sowohl als selbstverständliches Handeln im Jetzt als auch als Versprechen für die Zukunft. Und dafür erwarten die meisten nicht einmal großen Dank.

Wir kümmern uns um Freunde, pflegen Angehörige, helfen im Verein, spenden Geld, vererben für eine gute Sache. Nicht aus Eigennutz oder der vagen Erwartung auf eine Belohnung in der Zukunft. Nein, unser Lohn für dieses ehrenhafte Verhalten ist das gute Gefühl, gut zu sein. Moral ist keine Schminke, mit der wir unsere ansonsten egoistische Natur übertünchen. Moral ist tief im Menschsein verwurzelt.

Aber warum läuft dann so vieles schief in der Welt? Menschen folgen dem Handeln anderer. Um sich zu vermehren, braucht das Gute Anerkennung. Verhaltensforscher beweisen: Es braucht nur fünf Prozent einer Gruppe, damit alle anderen mitmachen – im Guten wie im Schlechten. Gutes braucht also Vorbilder. Davon erzählen wir in dieser Ausgabe. Mit Beispielen von Menschen, für die Gutes tun Ehrensache ist und die zudem festgestellt haben: Es macht nicht nur Spaß. Es verspricht sogar ein längeres Leben.

Susanne Anger

Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"

Menschen

Wohltäter aus
Überzeugung

Als Alexander Brochier in einem Managerseminar seine eigene Grabrede schreiben sollte, kam er ins Grübeln. Ihm wurde klar: Ich will nicht nur als Geschäftsmann und Vater im Gedächtnis bleiben, sondern auch als ein Mensch, der sich um andere kümmert. Der Unternehmer wurde zum Stifter aus Überzeugung.

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Wohltäter aus Überzeugung: Porträt von Alexander Brochier, mit in die Hüfte gestützten Armen auf einem Feld stehend. Der Nürnberger Unternehmer und Stifter engagiert sich seit Langem für die gute Sache. In Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Sigrid Reinichs

Impulse

Weitergeben stiftet Lebenssinn

Was sind die Quellen für ein sinnhaftes Leben? Psychologin und Sinnforscherin Tatjana Schnell fand in ihren Studien einen Grund: Generativität. Die Sorge um nachfolgende Generationen. Erfüllung findet, wer Wissen und Werte weitergibt und Verantwortung übernimmt. Dazu muss man nur eins tun: anfangen. Denn Sinn entsteht durch Handeln.

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Weitergeben stiftet Lebenssinn: Großvater und Enkel schneiden Grimassen. Generativität, also die Sorge um nachfolgende Generationen, ist eine wichtige Quelle für ein sinnhaftes Leben. Gutes tun Ehrensache. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: upyanose via Twenty20

Wissenswertes

Gutes tun steckt an

Wann verhalten wir uns moralisch, wann nicht? Und warum fühlen wir uns besser, wenn wir anderen helfen? Zahlreiche Studien gehen diesen Fragen auf den Grund. Eine wichtige Erkenntnis: Gutes tut, wem Gutes widerfährt. Eine Anstiftung zum Vorleben und Nachmachen.

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Gutes tun steckt an: Ein kleiner Junge imitiert eine Engelsstatue, beide führen den Zeigefinger zum Mund. Symbolbild: Gutes tut, wem Gutes widerfährt. Moral ist ansteckend. Dazu braucht es Vorbilder. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Magellan via Twenty20

Unsere Lieblinge

Lesetipp

Lesetipp: Cover des Buches

Was bleibt von einem Leben? Eine Geschichte oder die Erinnerung an einen Moment, an ein bestimmtes Gefühl? Robert Seethaler lässt in seinem neuen Roman Verstorbene zu Wort kommen und zurückblicken. Einer wurde geboren, verfiel dem Glücksspiel und starb. Ein anderer hat endlich verstanden, in welchem Moment sich sein Leben entschied. Eine erinnert sich daran, dass ihr Mann ein Leben lang ihre Hand in seiner gehalten hat. Eine andere hatte 67 Männer, doch nur einen hat sie geliebt. Und einer dachte: Man müsste mal raus hier. Doch dann blieb er. – „Das Feld“ erzählt von Menschenleben, jedes ganz anders, jedes mit anderen verbunden. Ein vielstimmiger Roman, ein poetisch tröstlicher Blick auf das Leben.

Robert Seethaler: „Das Feld“. Roman.
Hanser Berlin, 2018. 240 Seiten, gebunden, 22,00 Euro.

 

Das Zitat

Prinzip Apfelbaum - Magazin über das, was bleibt. AusgabeEhrensache - Zitat: Schwarzweiß-Porträt des Schriftstellers Albert Camus. Foto: Wikipedia Commons CC-BY-SA-4.0
© Wikipedia Commons
Der Mensch ist nichts an sich.
Er ist nur eine grenzenlose Chance.
Aber er ist der grenzenlos Verantwortliche für diese Chance.

Albert Camus

1913-1960, französischer Schriftsteller und Philosoph

Berühmte Testamente: Porträt von Jakob Fugger, gemalt von Albrecht Dürer, 1518. Für den mächtigen Unternehmer war das Stiften eine Sache der Ehre und der sozialen Haltung. Mit der Fuggerei schuf er die weltweit erste Sozialsiedlung. Sein Erbe hat bis heute Bestand. In Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: akg-images

BERÜHMTE VERMÄCHTNISSE

Jakob Fugger, der Reiche

Er ist der bekannteste Spross der Augsburger Kaufmannsfamilie. Um sein unermessliches Vermögen ranken sich viele Mythen. Und auch seine Stiftungen beanspruchen Superlative: Bald 500 Jahre sind sie alt und ginge es nach dem Willen Jakob Fuggers, sollten sie bis ans Ende der Welt bestehen bleiben. Für den mächtigen Unternehmer war das Stiften eine Sache der Ehre und der sozialen Haltung. Die Fuggerei, die bekanntesten der drei Fuggerschen Stiftungen, gilt als erste Sozialsiedlung der Welt und Vorbild für alle späteren. Dort wohnen durfte, wer Augsburger war, katholisch und unverschuldet in Not geraten. Die Miete für zwei Zimmer, Küche, Bad betrug genau einen Rheinischen Gulden im Jahr. Heute: 88 Cent. Dazu kamen täglich drei Gebete für das Seelenheil der Stifterfamilie. Auch das gilt noch immer. Und selbst der Kerngedanke blieb in 500 Jahren unverändert: Die günstige Miete soll den Bewohnern die Chance geben, aus eigener Kraft wieder auf die Beine zu kommen. Hilfe zur Selbsthilfe „aus Frömmigkeit und hochherziger Freigebigkeit“.

22.274

Die Zahl

So viele Stiftungen zählte der Bundesverband Deutscher Stiftungen 2017. Stiften ist beliebt. Seit Jahren wächst die Zahl derer, die sich auf diese Weise, nachhaltig für die Gesellschaft engagieren – die Mehrzahl aus Verantwortungsbewusstsein und weil sie etwas bewegen möchten. Das tun sie mit großer Wirkung: Stiftungen ermöglichen allein 318 Professuren, tragen 150 Krankenhäuser und 270 Museen oder pflegen 154.000 Hektar Naturschutzflächen. Ehrensache! Und aller Ehren wert!

Schon gewusst?

Erbschaftssteuer

Es sollte natürlich Ehrensache sein, einen guten Zweck zu unterstützen. Ganz nebenbei hat es aber auch finanzielle Vorteile. Dass sie Spenden von der Steuer absetzen können, wissen die meisten. Doch der Staat belohnt die gute Tat auch nach dem Tod. Es gilt § 13 des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes. Danach ist Vermögen, das per Testament einer anerkannt gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Organisation vererbt wird, von der Erbschaftssteuer befreit. Egal in welcher Höhe und egal, ob es sich um eine Testamentsspende, eine Erbschaft oder einen Erbvertrag handelt. Selbst für Schenkungen zu Lebzeiten entfällt die Schenkungssteuer. Der Grund für die Belohnung: Das Erbe soll voll und ganz der guten Sache dienen.

Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE

DAS TUT GUT

Das tut gut: Teilnehmerinnen des Global 6k Run for Water. Mit den Spenden sichert World Vision tausenden Kindern und ihren Familien den Zugang zu sauberem Trinkwasser. World Vision ist Mitglied der Initiative

6 Kilometer für Trinkwasser

Sechs Kilometer müssen Frauen und Kinder in Entwicklungsländern im Schnitt bis zur nächsten Quelle laufen. Doch Wasser ist nicht gleich sauberes Trinkwasser. Und so sterben mehr als 1.000 Kinder jeden Tag allein an den Folgen von Durchfallerkrankungen. World Vision will das nicht hinnehmen und rief zum Spendenlauf rund um den Globus auf. Über 40.000 Läufer gingen beim Global 6K For Water an den Start. Ihr Einsatz sichert nun tausenden Kindern und ihren Familien in Asien, Afrika und Lateinamerika den Zugang zu sauberem Trinkwasser.

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Das tut gut: Zwei Mitarbeiter von VIER PFOTEN impfen einen Hund, daneben zwei junge buddhistische Mönche. Die Streuner-Impfaktion bewahrt Tiere in Myanmar vor Massentötungen. VIER PFOTEN ist Mitglied der Initiative

Etappensieg
gegen Tollwut

Ambitioniert, aber dringend nötig. So beschreibt Dr. Amir Khalil den Einsatz von VIER PFOTEN in Myanmar. Bis 2030 soll das Land tollwutfrei werden. Der Grund: Jedes Jahr sterben gut 1.000 Menschen an infektiösen Bissen; aus Angst vor der Seuche werden Streuner grundlos brutal getötet. Mehr als 58.000 Hunde und Katzen haben die Tierschützer bereits geimpft. Ein Etappensieg. In den nächsten fünf Jahren sollen 50.000 Tiere pro Jahr behandelt, lokale Helfer geschult und die Menschen aufgeklärt werden. Das schützt Tier und Mensch nachhaltig.

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Das tut gut: Vogelschützerin Ivana Šarić im Neretva-Delta. In Kroatien gelang der Naturstiftung EuroNatur erstmals eine Aktion gegen Wilderei an Zugvögeln. EuroNatur ist Mitglied der Initiative

Erfolgreich gegen Wilderei

Europas Zugvögel leben gefährlich. Vor allem entlang der östlichen Adria lauern Wilderer auf Kranich, Knäkente und Co. Allein in Kroatien werden Hunderttausende Tiere jedes Jahr getötet. Eine Hochburg der Wilderei ist das Neretva-Delta. In dem riesigen Dickicht galt es bislang als unmöglich, Wilderer zu fassen. Vogelschützer der Naturschutzstiftung EuroNatur und ihre lokalen Partner konnten nun erstmals das Gegenteil beweisen. Wie dem Team die erste Aktion gegen Wilderei in Kroatien gelungen ist, erzählt Ivana Saric im Interview.

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Das tut gut: Schauspielerin Gesine Cukrowski und Projektteilnehmerin Mouro Brenda im Dorf Nadorin. Mit Menstruationstassen schenkt die Welthungerhilfe in Uganda Mädchen und Frauen Freiheit. Die Welthungerhilfe ist Mitglied der Initiative

Kleine Tassen schenken Freiheit

Wenn einmal im Monat ihre Regel einsetzt, beginnt für Mädchen und Frauen in Uganda eine Zeit voller Scham und Benachteiligung. Weil Binden oder Tampons fehlen, behelfen sich viele mit Lumpen. Mit fatalen Folgen. Das Infektionsrisiko steigt; auch vom gesellschaftlichen Leben im Dorf sind sie in dieser Zeit ausgeschlossen. Mit einfachen Menstruationstassen schafft die Welthungerhilfe Abhilfe. Die becherartigen Silikongefäße sind hygienisch und nachhaltig. Schauspielerin Gesine Cukrowski hat vor Ort mit den begeisterten Frauen gesprochen.

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Das tut gut: Ein Notarzt der DRF Luftrettung versorgt einen Notfallpatienten in einem Rettungshubschrauber. Im Notfall entscheidet die optimale Beatmung. Die DRF Luftrettung ist Mitglied der Initiative

Spenden für optimale Beatmung

Etwa alle sechs Minuten benötigt ein Patient lebensrettende Hilfe der DRF Luftrettung. Entscheidend dann: ein schneller Flug und die bestmögliche ärztliche Hilfe. Für die optimale Beatmung sorgt HAMILTON-T1. Kompakt, robust, portabel. Der Vorteil: Das hochmoderne Intensiv-Beatmungsgerät passt sich individuell an das Lungenvolumen an – egal ob Säugling oder erwachsener Patient. 20 dieser Geräte sollen in den rot-weißen Hubschraubern zum Einsatz kommen. Dafür ist Unterstützung gefragt. Die Spendenaktion „Beatmungsgerät“ läuft.

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