No. 14 - VERTRAUEN

Wissenswertes

In guten Händen

Wer mit seinem Erbe etwas Bleibendes schaffen möchte, braucht Vertrauen – in die Wirkung seiner guten Taten und in die Zukunft. Man sollte sich fragen: Welches soziale, politische oder ökologische Thema ist mir wichtig? Und vor allem: Woran erkenne ich, ob eine Organisation oder Stiftung vertrauenswürdig ist?

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In guten Händen: Eine Person reicht einer anderen die Hand. Symbolbild. Wer mit seinem Erbe etwas Bleibendes schaffen möchte, braucht Vertrauen. Welcher Spendenorganisation kann ich vertrauen? Das Erbschaftssiegel schafft Transparenz. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Sincerely Media on Unsplash

Eine Bekannte hat als Berufsanfängerin in einem Waisenhaus gearbeitet. Sie betreute Kinder, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen konnten oder keine mehr hatten. Die Schicksale der Kinder, die sie hier miterlebte, ließen sie nicht mehr los. Deshalb unterstützt sie bis heute das Haus und seine Bewohner ehrenamtlich in ihrer Freizeit. Inzwischen denkt sie sogar darüber nach, dass auch einmal ein Teil ihres Erbes an das Waisenhaus gehen soll – sie weiß, wo ihre Hilfe gebraucht wird.

Unsere Welt ist längst nicht der ideale Ort, den wir uns wünschen würden. Aber es gibt Möglichkeiten, sie ein kleines bisschen besser zu machen. Eine wichtige Rolle spielen dabei zivilgesellschaftliche Initiativen, Hilfsorganisationen und Stiftungen, in die man sich tatkräftig einbringen und die man mit Spenden unterstützen kann. Und nicht wenige Menschen wollen auch über ihren Tod hinaus, etwas Gutes tun. Rund 28 Prozent der über 50-Jährigen können sich hierzulande vorstellen, ihr Erbe oder ein Vermächtnis einer gemeinnützigen Einrichtung zukommen zu lassen. Bei den Kinderlosen dieses Alters denkt sogar jede zweite Person darüber nach.

In guten Händen: Eine Hilfslieferung von action medeor wird von einem LKW geladen. Symbolbild. Wer mit per Testament an eine gemeinnützige Organisation spenden möchte, braucht Vertrauen. Das Erbschaftssiegel schafft Transparenz. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: action medeor

Gemeinnützige Organisationen machen die Welt ein bisschen besser. Was wäre Ihr letztes Geschenk an die Welt?

Klare ethische Richtlinien

In Deutschland sammeln Hunderttausende Hilfsorganisationen mit sozialen, ökologischen und vielen weiteren Schwerpunkten Spenden ein: einmalig, regelmäßig oder eben auch aus Testamenten von Verstorbenen. Bei der Frage, welches Anliegen man unterstützen möchte, kann man sich auch auf eigene Erfahrungen und den Bauch verlassen. Anders ist das bei der Frage: Welche Organisation ist seriös, wem kann ich vertrauen? Um potenziellen Erblasserinnen und Erblassern mehr Sicherheit zu geben und mögliche Sorgen zu nehmen, verleiht die Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“ seit September das Erbschaftssiegel „In guten Händen“. Die bislang 22 Organisationen und Stiftungen, die dieses Siegel tragen, haben sich klaren ethischen Richtlinien verpflichtet: Sie lassen den Spenderinnen und Spendern die freie Entscheidung, gehen sorgfältig und respektvoll mit dem Erbe um, wahren höchste Transparenz und halten alle gesetzlichen Vorgaben ein. Außerdem tragen sie das DZI-Spendensiegel oder sind Mitglied im Deutschen Spendenrat und unterziehen sich jährlich einer unabhängigen Wirtschaftsprüfung.

»Eine Organisation, die Zuwendungen entgegennimmt, muss zunächst strukturell vertrauenswürdig sein.«

Vertrauenswürdige Strukturen

„Die wichtigste Voraussetzung, etwas zu spenden, zu vermachen oder zu vererben, ist Vertrauenswürdigkeit“, betont Matthias Lehmann, Mitglied im Fachausschuss Ethik des Deutschen Fundraising Verbandes (DFRV). Der Verband hat Grundregeln und einen Beispielkatalog für gutes, ethisches Spendensammeln erarbeitet. „Eine Organisation, die Zuwendungen entgegennimmt, muss zunächst strukturell vertrauenswürdig sein.“ Ein Blick auf die Webseite kann erste Orientierung geben: Gibt das Impressum Auskunft darüber, wer die Website eingerichtet hat? Ist ersichtlich, welche Personen im Vorstand oder in der Geschäftsführung die Verantwortung tragen? Ist die Einrichtung Mitglied in Initiativen wie etwa dem Deutschen Spendenrat, dem Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) oder der Initiative Transparente Zivilgesellschaft, die wichtige Vertrauenskriterien garantieren? Wird ein Geschäftsbericht veröffentlicht, der die Tätigkeiten und die Ergebnisse darlegt?

In guten Händen: Ein Mitarbeiter von VierPfoten hält zwei Hundewelpen auf dem Arm. Symbolbild. Wer mit per Testament an eine gemeinnützige Organisation spenden möchte, braucht Vertrauen. Das Erbschaftssiegel schafft Transparenz. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: VIER PFOTEN

Natur, Bildung, Gerechtigkeit: Ein Erbe für den guten Zweck hilft, das zu erhalten, was uns wichtig ist.

Verlässlicher Kontakt und Beratung

„Außerdem spielt der persönliche Kontakt eine wichtige Rolle“, so Lehmann, der als Fundraiser bei der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN tätig ist. „Wer bei uns etwas spenden möchte oder dies wiederholt tut, kann sicher sein, mich als verlässlichen Ansprechpartner zu haben. Dies ist die Basis des persönlichen Vertrauens.“ Seriöse Hilfsorganisationen und Stiftungen haben kompetente Ansprechpartner, die auf persönliche ebenso wie auf Fachfragen eingehen können. Denn Fragen stellen sich viele: Wie funktioniert eine Spende? Wie muss mein Testament gestaltet sein? Was passiert mit meinem Besitz oder meinem Haustier, wenn ich sterbe? Welche Rolle spielen meine Angehörigen?

»Es geht ums Zuhören und Fragen, ohne Interessierte in ihrer Entscheidung zu beeinflussen.«

Im Vordergrund: Wünsche der Erblasser

Die Organisation kann und darf aber keine juristische Fachberatung geben, um etwa ein Testament aufzusetzen. Wer nicht schon einen Anwalt zur Hand hat, kann sich eine Fachanwältinnen oder einen Fachanwalt vermitteln lassen, der mit den betreffenden Organisationen zusammenarbeitet, aber unabhängig tätig ist. Zu den Grundprinzipien gehört hierbei wie beim ersten Orientierungsgespräch: Die potenziellen Erblasserinnen und Erblasser werden neutral über ihre Möglichkeiten informiert, ihre Entscheidungen werden nicht beeinflusst. „Es geht ums Fragen und Zuhören“, betont Milena Feingold, Ansprechpartnerin für Zustiftungen, Spenden und Nachlässe beim Deutschen Kinderhilfswerk. „Die Gespräche sind natürlich streng vertraulich und meist können die wichtigsten Fragen bereits im ersten Gespräch geklärt werden.“

»Es ist mir wichtig, zu berichten, wo wir helfen. So kann man einordnen, wofür das Erbe einmal eingesetzt wird. Das ist für die meisten sehr beruhigend.«

Regelmäßig Kontakt und Informationen

Nach Feingolds Erfahrungen spenden viele der künftigen Erblasserinnen und Erblasser schon seit vielen Jahren regelmäßig. Sie wüssten, dass sorgfältig mit den anvertrauten Geldern umgegangen werde. „Aber es kontaktieren mich auch viele Menschen, die uns vorher noch nie gespendet oder in einer anderen Form unterstützt haben. Sie haben sich überlegt, welches Thema ihnen besonders am Herzen liegt und sind dann auf uns gestoßen“, so Feingold.

Erblasserinnen und Erblasser unterscheiden sich auch darin, wie viele Informationen und Kontakt sie zu einer Organisation wünschen. Einigen reiche einmal im Jahr eine Zusammenfassung über die Arbeit der Organisation, andere wollen regelmäßig über Neuigkeiten informiert werden.„Es ist mir wichtig, zu berichten, wo wir helfen und welche kinderrechtlichen Themen gerade besonders im Fokus stehen“, sagt Feingold. „So können die Menschen einordnen, wofür ihr Erbe oder ihr Vermächtnis später einmal eingesetzt werden wird. Das ist für die meisten sehr beruhigend.“

»Ein Mensch kann sich noch kurz vor seinem Tod umentscheiden. Dies zu respektieren, gehört zu den ethischen Grundsätzen.«

Wenn sich der letzte Wille ändert

Aber Lebensumstände können sich ändern und mit ihnen auch unsere Wünsche und Bedürfnisse. So kann es vorkommen, dass auch viele Jahre, nachdem ein Testament verfasst wurde, der letzte Wille des Erblassers ein anderer geworden ist. „Ein Mensch kann sich beispielsweise noch kurz vor dem Tod dafür entscheiden, alles einem Nachbarn zu vermachen, der sich in den letzten Monaten um ihn gekümmert hat“, sagt Annette Bernauer, Teamleiterin Spenden und Erbschaften bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Dies zu respektieren, gehört zu den ethischen Grundsätzen, die auch im Erbschaftssiegel bindend sind.“

Kompetente Nachlassabwicklung

Ehrlichkeit seitens der Organisationen – ein weiteres Kriterium des Siegels – ist vor allem dann angebracht, wenn Immobilien, Haus und Garten vermacht werden. „Immobilienbesitz und Vermietung sind nicht die Kernkompetenz von Akteuren wie der DUH“, erläutert Bernauer. „Wir liquidieren den Besitz mit Bedacht und bestmöglich. Nichts wird verschleudert, alles soll eine Verwendung finden.“ Alle Mittel fließen vollständig in die Arbeit der Organisation, die schon deshalb an einem möglichst gewinnbringenden Verkauf interessiert ist.

In guten Händen: Ein Mitarbeiter der DRF Luftrettung versorgt einen Patieten vor dem Hubschrauber. Symbolbild. Welcher Hilfsorganisation kann ich vertrauen? Für alle, die mit einer Testamentsspende Gutes möchten, schafft das Erbschaftssiegel Transparenz. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: DRF Luftrettung

Ein Mensch lebt weiter in seinen Werten, die er mit anderen teilt.

Profis entlasten die Angehörigen

Wer einen Teil seines Erbes einer Organisation oder Stiftung anvertraut, kann auf eine kompetente Abwicklung des Nachlasses vertrauen. Nicht selten wird etwa der Wunsch geäußert, dass auch der Haushalt aufgelöst wird – eine Möglichkeit, die im Einzelfall zu klären ist. Und gerade bei komplexen Erbschaften kann die Unterstützung erfahrender Profis hilfreich sein und Streit unter den Erben verhindern. „In einem Erbfall mit über 70 verschiedenen Geldanlagen und vielen Verträgen war es für die beteiligten Verwandten eine Erleichterung, dass die DUH als Alleinerbe für alles verantwortlich war“, erinnert sich Bernauer. „Unser Team sorgte dafür, dass alle Angehörigen schnellstmöglich den ihnen zugesprochenen Anteil erhielten, ohne dass jemand sich noch um Formalitäten kümmern musste.“ Gemeinnütziges Vererben bedeutet im besten Fall, dass alle Seiten profitieren.

In guten Händen

In guten Händen: Sicher, geprüft, das Erbschaftssiegel. Gute ethische Richtlinien für das gemeinnützige Erbe. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt.

Das Erbschaftssiegel schafft Orientierung und Transparenz für das gemeinnützige Vererben. 22 Organisationen und Stiftungen haben sich den ethischen Richtlinien bereits verpflichtet. Sie garantieren u.a. eine respektvolle und sorgfältige Beratung, bei der Wünsche potenzieller Erblasser oberste Priorität haben. www.erbschaftssiegel.de

TEXT: Lars Klaaßen, Wibke Bergemann
FOTOS: Sincerely Media/Unsplash, action medeor, VIER PFOTEN, DRF Luftrettung