Ratgeber

No. 22 – NOSTALGIE Was wollen wir schützen und bewahren?

Stiften: neue Wege und Formen

Erinnerungen helfen uns zu erkennen, was uns wirklich wichtig ist. Was wollen wir schützen, was wollen wir bewahren? Eine gute Möglichkeit, Bleibendes zu schaffen, sind Stiftungen. Neue Formen wie Zustiftungen, Stiftungsfonds oder Verbrauchsstiftungen eignen sich auch für kleinere Vermögen.

Es gibt Dinge, die uns schon früh im Leben wichtig waren. Der Wunsch, solche Werte auf Dauer zu bewahren, auch über das eigene Leben hinaus, ist zutiefst menschlich. Bereits im Mittelalter entstanden mildtätige Stiftungen, etwa Hospitäler und Waisenhäuser. Inzwischen werden unter dem Sammelbegriff „Stiftung“ ganz unterschiedliche Rechtsformen zusammengefasst. Denn in den vergangenen Jahren sind mehrere, neue Stiftungsmodelle entstanden, angepasst an die sich wandelnden Interessen und Herangehensweisen, die auch für kleinere Vermögen geeignet sind.

„Grundsätzlich gilt zwar, dass man beträchtliches Kapital benötigt, um eine Stiftung zu gründen“, sagt Tobias Karow, Gründer und Geschäftsführer der Stiftungsexperten-Plattform stiftungsmarktplatz.eu. Zum Beispiel seien 50.000 Euro für die Gründung einer eigenen Stiftung mit Blick auf das Kapitalmarktumfeld deutlich zu knapp bemessen. „Doch das Prinzip Stiftung lässt sich auch in solchen Fällen nutzen, man ist deshalb nicht aufs Spenden beschränkt.“

Ein günstiges Modell: Zustiften

„Für eine längerfristige und verbindlichere Perspektive bietet sich das Zustiften an“, erläutert Karow. „Dies erfordert deutlich weniger Kapital als die Gründung einer Stiftung.“ Im Fall einer Zustiftung fließt das Geld in den Kapitalstock einer bestehenden Stiftung und macht diese langfristig schlagkräftiger. Über die Zahlung hinaus pflegen beide Seiten in der Regel eine dauerhafte Bindung, etwa in Form von Stiftertreffen oder eines Stiftungsrats, der den Vorstand berät. Steuerrechtlich gelten für Zustiftungen dieselben Regelungen wie für die Gründung einer Stiftung.

Stiftungen und Hilfsorganisationen schaffen Bleibendes.

Eine schlanke Verwaltung: Stiftungsfonds

„Stiftungsfonds wiederum bieten die Möglichkeit, auch mit kleinen Vermögen bestimmte Zwecke dauerhaft zu fördern“, so Karow. „Sie bieten eine schlanke Verwaltung, zudem können sie mit einem bestimmten Namen versehen werden, etwa dem der stiftenden Person.“ Die Erträge eines Stiftungsfonds werden nach den jeweiligen Vorgaben des Stifters vom Stiftungsträger vergeben. Viele große gemeinnützige Organisationen eröffnen Interessenten diese Möglichkeit. „Wenn sich eine gänzlich eigenständige Stiftung mit dem zur Verfügung stehenden Vermögen nicht sinnvoll verwalten lässt, bietet ein Stiftungsfonds eine gute Alternative“, sagt Karow.

Weiterführende Links:

Was ist eine Stiftung? Welche Stiftungen gibt es in Deutschland und womit beschäftigen sie sich? Der Bundesverband Deutscher Stiftungen hat Antworten: www.stiftungen.org

Mehr Informationen zu Testamentsspenden finden Sie auf der Webseite der Inititive „Mein Erbe tut Gutes“: www.mein-erbe-tut-gutes.de

Eine schnelle Variante: Verbrauchsstiftungen

Eine neuere Form, die sich ebenfalls für kleinere Vermögen eignet, ist die Verbrauchsstiftung. „Im Unterschied zu traditionellen Stiftungen“, so Karow, „werden dabei nicht nur die Erträge aus der Vermögensverwaltung und Spenden genutzt, um den gewünschten Zweck umzusetzen, sondern das komplette Vermögen.“ Eine rechtsfähige Verbrauchsstiftung muss mindestens zehn Jahre bestehen und über den gesamten Zeitraum gewährleisten, dass der genannte Zweck verwirklicht wird. Darüber hinaus hat die stiftende Person freie Hand und legt in der Satzung fest, in welchem Zeitraum das Vermögen ausgegeben werden soll.

„Wenn das Stiftungsvermögen aufgebraucht ist, endet die Stiftung. Den Prozess der Abwicklung kann die Stifterin beziehungsweise der Stifter entscheidend mitgestalten“, sagt Karow. „Auch bei relativ kleinem Stiftungsvermögen kann man Projekte effektiv und zeitnah fördern, da das Fördervolumen nicht, wie bei klassischen Stiftungen, von den Erträgen des angelegten Stiftungsvermögens abhängt.“ So können die Ausgaben freier geplant werden.

Ein kurzer Weg: Testamentsspenden

Wer seinen Nachlass möglichst direkt einem guten Zweck zukommen lassen will, kann eine gemeinnützige Organisation auch mit einer Testamentsspende unterstützen. Der Aufwand ist vergleichsweise gering, gerade kleinere Nachlässe können hier ohne Abzüge wirken. Zudem sind bereits bestehende Hilfsorganisationen besonders verlässlich in der Umsetzung. Denn im Gegensatz zu einer Neugründung verfügen sie über langjährige Erfahrung in der gemeinnützigen Arbeit, über die man sich umfassend informieren kann. Wer keine Kinder hat, kann eine gemeinnützige Organisation als Erbin sogar mit der Abwicklung des Nachlasses betrauen.

Stiften, zustiften oder spenden? Grundsätzlich gilt: Wer sein Vermögen oder einen Teil davon dem Gemeinwesen zukommen lassen will, sollte genau prüfen, mit welcher Form sich die eigenen Ziele am besten umsetzen lassen – damit etwas Bleibendes entsteht.

Das Prinzip Stiftung

Stifter legen den finanziellen Grundstock für eine Stiftung und legen in der Satzung fest, welche Zwecke diese verfolgt. In der Regel erhalten Stiftungen ihr Vermögen auf Dauer und arbeiten mit den daraus geschöpften Erträgen. Ein Großteil der Stiftungen in Deutschland dient gemeinnützigen Zwecken. Das deutsche Recht unterscheidet prinzipiell zwischen rechtsfähigen Stiftungen bürgerlichen Rechts und nichtrechtsfähigen Stiftungen.

Rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts sind eigenständige Rechtspersonen mit Organen wie Vorstand und Kuratorium. Das eröffnet ihnen große Handlungsspielräume. Vor allem so genannte operative Stiftungen, die eigene Projekte voranbringen, also mit eigenen Ressourcen wie Mitarbeitern aktiv sind, wollen entsprechend große Handlungsspielräume nutzen. Der Preis dafür ist die behördliche Aufsicht. Diese soll garantieren, dass der Stifterwille dauerhaft erfüllt wird. Für die Stifterin oder den Stifter kann diese Aufsicht aber auch ein Hemmnis bedeuten – etwa wenn nach den ersten Jahren die Satzung geändert werden muss.

Nichtrechtsfähige bzw. Treuhandstiftungen werden zwar weniger behördlich beaufsichtigt, haben aber auch weniger Handlungsspielraum. In der Regel spricht man dann von Förderstiftungen. Eine solche Stiftung fördert externe Projekte, statt sie selbst aktiv zu betreiben.

TEXT: Lars Klaaßen
FOTOS: SewCream / Shutterstock, helovi / iStock