Ratgeber

No. 11 - WANDEL Kleines Erbe: Nahaufnahme einer Hand, die ein Saatkorn in den Boden gibt. Symbolbild: Um mit dem Erbe Gutes zu tun, braucht es kein großes Vermögen. Als Testamentsspende oder Zustiftung können kleine Beträge viel bewirken. – In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: singkham via Twenty20

Kleines Erbe: Mit wenig viel Gutes bewirken

Immer mehr Menschen möchten mit ihrem Erbe auch einen gemeinnützigen Zweck unterstützen. Dafür braucht es kein großes Vermögen oder eine eigene Stiftung. Auch kleinere Beträge können Gutes bewirken – beispielsweise als Testamentsspende oder Zustiftung. Im persönlichen Gespräch geben Vereine und Stiftungen Rat.

Kleinvieh macht auch Mist, sagt der Volksmund. Im eigenen Geldbeutel lässt sich diese Weisheit bestens bestätigen. Wenn es aber darum geht, anderen Menschen zu helfen oder über den Tod hinaus Gutes zu tun, sind viele eher skeptisch. In einer aktuellen Studie der Gesellschaft für Konsumforschung konnte sich zwar mehr als ein Viertel der Deutschen über 50 Jahre gut vorstellen, das eigene Erbe oder einen Teil davon einer gemeinnützigen Organisation zu hinterlassen. Bei Menschen ohne Kinder war es sogar jeder zweite. Andererseits hielt fast jeder Dritte das eigene Erbe für zu klein, um damit etwas bewegen zu können.

Kleines Erbe: Zwei Jugendliche stehen an einem Stehtisch und schreiben einen Brief beim Amnesty-Briefmarathon. Möglich auch durch kleine Beträge als Testamentsspende oder Zustiftung. – In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Amnesty

200 Euro können ein Leben retten

Doch das ist ein Irrtum, meint Sandra Lüderitz-Korte, bei Amnesty International für Erbschaften und Vermächtnisse zuständig. „Jede kleine Spende hilft uns weiter. Das zeigt sich an unseren Eilaktionen, die wir bei Menschenrechtsverletzungen starten. Eine solche Brief- oder E-Mailaktion, mit der wir einen der Verantwortlichen oder den Betroffenen selbst kontaktieren, kostet mindestens 180 Euro“, berichtet die Expertin. Mit einem Vermächtnis von 200 Euro kann man also vielleicht schon ein Menschenleben retten.

Vermächtnis für Gutes

Ein Vermächtnis ist nur in einem Testament oder Erbvertrag möglich. Sie können Teile Ihres Nachlasses an eine oder mehrere Personen, aber auch an Vereine oder Stiftungen verteilen, ohne diese als Erben einzusetzen. Wie Sie ein Vermächtnis für die Zukunft aufsetzen, um einen guten Zweck zu unterstützen, lesen Sie in unserem Ratgeber.

Ein anderes Beispiel sind die Kosten für die sogenannten Researcherinnen und Researcher. Diese ermitteln direkt vor Ort, reisen in die betroffenen Länder, sammeln Informationen, sprechen mit den Opfern von Menschenrechtsverletzungen, deren Angehörigen und anderen. Vor einer solchen Reise muss ein Sicherheitstraining absolviert werden. Das dauert in den meisten Fällen einen halben oder ganzen Tag, wobei eine Stunde Training mit etwa 120 Euro zu Buche schlägt. Das bedeutet: Wenn vier Menschen Amnesty jeweils 200 Euro hinterlassen, kann bereits eine Person gut vorbereitet zu Ermittlungen in ein Krisengebiet reisen.

Immer gerne anderen geholfen

„Geld, Auto, Kleider und all die anderen Besitztümer gehören uns doch eigentlich gar nicht, sondern sind uns nur geliehen“, meint Yvonne Kassowitz-Kretzschmar. Die 71-jährige Bayerin ist seit vielen Jahren engagiertes Mitglied bei Amnesty International. Anderen zu helfen, war ihr immer wichtig. Früher hat sie Gefangene besucht, die wenig Kontakt zur Außenwelt hatten. In einer Schule unterstützte sie die Pädagogen bei der Nachmittagsbetreuung. Vor einiger Zeit hat sie schließlich ihr Testament gemacht und Amnesty International als Alleinerbin eingesetzt. Dabei hat Yvonne Kassowitz-Kretzschmar als ehemalige Flugbegleiterin keine Reichtümer zu vererben. „Mir ist es immer gut gegangen. Ich war nie ernsthaft krank, habe eine schöne, warme Wohnung und genug zu essen. Ich will einfach etwas weitergeben, auch wenn die Summe nicht so groß sein wird.“

Kleines Erbe: Demonstranten der DUH begleiten die Verhandlungen über saubere Luft in deutschen Städten vor dem BVerwG in Leipzig, 2018. Ein Beispiel, wie kleine Beträge als Testamentsspende oder Zustiftung viel bewirken. – In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Lehmann/DUH

Wie ein letzter Gruß

Auch Annette Bernauer von der Deutschen Umwelthilfe ist den Menschen dankbar, die mit kleineren Beträgen helfen. „Als Verein sind wir verpflichtet, Reserven aufzubauen, um handlungsfähig zu bleiben“, sagt die Ansprechpartnerin für Großspenden und Erbschaften. Denn bei neuen Projekten muss die Umwelthilfe oft in Vorleistung gehen, bis öffentliche Gelder fließen oder Spenden mobilisiert sind. Oft geht der Verein ein erhebliches finanzielles Risiko ein, wenn er vor Gericht zieht und zur Klärung von Umwelt- und Verbraucherrechten auch den Weg durch mehrere Instanzen nicht scheut. Zum großen Teil stützt sich die Deutsche Umwelthilfe daher auf ihre Dauerspender und Fördermitglieder. Hinzu kommen aber immer häufiger Zuwendungen von Menschen, die mit ihrem Testament eine Botschaft verbinden. „Es sind oft treue Spenderinnen und Spender, die uns viele Jahre lang jeden Monat mit einem kleinen Betrag unterstützt hatten. Ich sehe die Testamentsspenden wie einen letzten Gruß. Die Menschen wollen, dass ihre Herzensangelegenheit tatkräftig weitergeht“, meint Bernauer.

Spende oder Zustiftung

Eine Testamentsspende an einen gemeinnützigen Verein oder eine Stiftung fördert die konkrete Projektarbeit. Wie jede Spende wird sie zeitnah eingesetzt, um damit nachhaltig Gutes zu tun. Eine Zustiftung erhöht dauerhaft das Stiftungsvermögen. Zur Umsetzung des Stiftungszwecks werden ausschließlich die damit erwirtschafteten Erträge verwendet. Wie man ein Vermächtnis im Testament formuliert, erläutert u.a. die Initiative „Mein Erbe tut Gutes“ auf ihrer Internetseite.

Vereine und Stiftungen rechtzeitig ins Boot holen

Wer überlegt, einen Teil seines Vermögens einer gemeinnützigen Organisation oder einer Stiftung zu vermachen, sollte möglichst keinen Zweck für seine Spende festlegen. So kann der Empfänger freier über die Gelder verfügen. Denn wenn der Erbfall eintritt, gibt es vielleicht die Notlage oder das Projekt, das der Erblasser im Sinn hatte, schon nicht mehr. Auch an einen anderen Punkt sollten Testamentsspender denken. „Mir ist es am liebsten, wenn wir vorher informiert werden. Manchmal kommt ein Testament völlig überraschend zu uns und wir können uns nicht einmal bei der Spenderin oder dem Spender bedanken“, sagt Sandra Lüderitz-Korte von Amnesty International.

Und natürlich hat es ganz praktische Vorteile, die Organisationen rechtzeitig ins Boot zu holen: Sie können zum Beispiel rechtliche Beratung für das Verfassen eines Testaments vermitteln. Im persönlichen Gespräch lassen sich zudem Werte, Wünsche und Möglichkeiten der Hilfe abstimmen. In bestimmten Fällen übernehmen die Organisationen auch ganz oder anteilig die Anwalts- und Notarkosten. „Wir respektieren diese besonderen Geberinnen und Geber in ihrer vollen Entscheidungsfreiheit“, betont Annette Bernauer von der Deutschen Umwelthilfe. Wer mag, werde gerne mit einem öffentlichen Nachruf gewürdigt – zum Dank und um andere Menschen zu ähnlichen Taten zu ermutigen.

Rat und Orientierung

Rat und Service rund ums Erbe für den guten Zweck bietet die Initiative „Mein Erbe tut Gutes“. Hier finden Sie den persönlichen Kontakt zu vielen Organisationen und Stiftungen. Individuelle Fragen beantwortet die Initiative auch am Servicetelefon: (030) 29 77 24 36

TEXT: Angelika S. Friedl
FOTOS: singkham/Twenty20, Amnesty International, Lehmann/DUH