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No. 7 – ZUKUNFT Digitaler Nachlass: Schwarzes Handy in einer Hand, Display vom Regen nass. Zu wenige haben geregelt, was mit ihren Daten nach dem Tod passieren sol. Eine Anleitung. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Carlos Santiago on Unsplash

Digitaler Nachlass: So regeln Sie, was mit Daten im Netz passiert

Ein Mensch geht, seine Daten im Netz bleiben. Rechtlich geht der digitale Nachlass an die Erben über. Doch die stehen oft vor dem großen Chaos: Welche Nutzerkonten gibt es? Wie lauten die Passwörter? Wer Angehörigen helfen und zugleich seine Privatsphäre vor unerwünschten Zugriffen schützen will, sollte seinen digitalen Nachlass rechtzeitig regeln.

Wir kaufen im Internet ein, präsentieren unseren Alltag in sozialen Netzwerken und verwalten online unser Bankkonto. Wir zählen Schritte und Herzschläge mit dem Fitnessarmband, wir kommunizieren über E-Mail und Apps und schauen Filme per Streaming-Abo. Das alles ist bequem. Doch es hinterlässt eine Menge teils sehr persönlicher Daten, die auch nach dem Tod zumeist beim Anbieter verbleiben. Anders aber als bei Geld, Haus, Schmuck oder Auto vergessen viele Menschen, diesen digitalen Nachlass rechtzeitig zu regeln. Laut Branchenverband Bitkom hat nicht einmal jeder Fünfte festgelegt, was mit Online-Konten und Nutzungsrechten nach dem Tod passieren soll.

Digitaler Nachlass: Abbildung eines Laptops, Tastatur und Bildschirm beleuchtet. Stirbt ein Mensch, gehen Nutzerkonten auf Erben über. Gut, wenn man regelt, was mit Daten nach dem Tod passiert. Eine Anleitung. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt. Foto: Markus Petritz on Unsplash

Wie Briefe: Online-Konten gehen auf die Erben über

Auch rechtlich ist der digitale Nachlass Neuland. Im vergangenen Jahr befasste sich der Bundesgerichtshof mit einer Klage, die die Eltern einer Minderjährigen gegen Facebook angestrebt hatten: Das Mädchen war unter ungeklärten Umständen von einer U-Bahn überfahren worden. Die Eltern verlangten Zugang zum Facebook-Konto ihres Kindes, um nach möglichen Hinweisen für einen Suizid zu suchen. Facebook verweigerte dies; der Account war in den sogenannten „Gedenkzustand“ versetzt worden. Selbst mit Passwort gab es keinen Zugriff mehr auf den Chatverlauf. Der Bundesgerichtshof gab schließlich den Eltern recht: Das Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk ist Teil des Erbes. Alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen an Online-Diensten gehen auf die Erben über. Diese können über alle Daten verfügen. Und so gilt dasselbe wie bei Briefen: Wer nicht möchte, dass Erben diese persönlichen Inhalte lesen, sollte seinen digitalen Nachlass rechtzeitig regeln.

Liste aller Konten und Passwörter anlegen und pflegen

Bei einem Todesfall sollten Erben möglichst schnell alle laufenden Verträge, Abonnements und kostenpflichtigen Mitgliedschaften kündigen. Um herauszufinden, welche Verpflichtungen bestehen, hilft meist ein Blick in den E-Mail-Verkehr. Doch selbst dafür ist oft ein Passwort notwendig. Wer gut vorsorgt und Hinterbliebenen langes Suchen ersparen möchte, legt eine Liste mit allen Konten einschließlich der Benutzernamen und der Passwörter an – und hält sie stets aktuell. Am sichersten ist es, diese Daten auszudrucken oder auf einem verschlüsselten USB-Stick zu speichern und in einem Tresor oder Bankschließfach zu hinterlegen. Wichtig ist auch, dass eine Person des Vertrauens weiß, wo sich die Daten befinden.

Liste aller Konten

Ein Muster für eine Liste der Nutzerkonten stellt die Stiftung Warentest bereit. Abgefragt werden Konten und Passwörter für E-Mail-Dienste, soziale Netzwerke, Streaming-Dienste, für den Versandhandel oder das Online-Banking.

Eine Person des Vertrauens bevollmächtigen

Die Verbraucherzentralen empfehlen, den digitalen Nachlass mit Hilfe einer Vollmacht zu regeln. Darin wird eine Vertrauensperson benannt, die sich im Sinne des Erblassers mit allen Aufgaben des digitalen Erbes befasst. Auch ganz konkrete Anweisungen lassen sich in der Vollmacht formulieren: Welche Daten sollen gelöscht, welche Verträge gekündigt werden? Was passiert mit dem Profil in den sozialen Netzwerken, was mit online gespeicherten Dokumenten und Fotos? Und selbst was mit Geräten wie Computer, Smartphones oder Tablets und den darauf gespeicherten Daten geschehen soll, lässt sich in einer Vollmacht festlegen.

Über den Tod hinaus

Eine Vollmacht für den digitalen Nachlass muss handschriftlich verfasst, mit einem Datum versehen und unterschrieben sein. Wichtig ist, dass sie „über den Tod hinaus“ gilt. Eine Vorlage für eine Vollmacht und für mögliche Anweisungen gibt es bei der Verbraucherzentrale NRW.

Vorsicht bei kommerziellen Anbietern

Wer sich nicht selbst um sein Datenerbe kümmern möchte, kann sich auch an einen Dienstleister wenden, der den digitalen Nachlass verwaltet. Hier ist allerdings Vorsicht geboten. Die Sicherheit solcher Anbieter lasse sich nur schwer beurteilen, warnen die Verbraucherzentralen. Dabei drohten, viele persönliche Daten an Unbefugte zu geraten. Von einem Generalverdacht für kommerzielle Anbieter hält Birgit Aurelia Janetzky indes nichts. Mit ihrer Beratungsfirma Semno Consulting berät sie Menschen beim digitalen Nachlass. Sie ist überzeugt, dass kompetente Dienstleister eine wichtige Unterstützung für Laien sein können. Ihr Rat: „Man sollte sich das Unternehmen gut anschauen, Schweigepflicht und Datenschutz sollten bei einem kommerziellen Anbieter selbstverständlich sein.“

Facebook, Google, GMX und Co.

Fehlen die Passwörter zu den Online-Konten des Verstorbenen, sind Hinterbliebene auf die Regelungen der Internetanbieter angewiesen. Und die sind sehr unterschiedlich und meist nicht leicht zu durchschauen. Bei GMX und Web.de beispielsweise können Erben gegen Vorlage des Erbscheins Zugriff auf das Postfach erhalten, es weiter betreuen oder löschen. Bei Facebook und Google lässt sich vorsorglich angeben, welche Personen nach dem Tod auf Inhalte zugreifen dürfen. Vor allem bei Google kann das sehr umfangreich sein, wenn man dort E-Mails schreibt, eigene Fotos einstellt, den Kalender nutzt oder auf der Google Plattform YouTube Videos hochlädt. 

Facebook, Google und Co.

Internetanbieter wie Facebook, Xing, Twitter, Flickr, GMX, Web.de und Co. gehen sehr unterschiedlich mit Todesfällen um. Eine Übersicht darüber bietet machts-gut.de. Die Verbraucherzentrale NRW zeigt, wie die Einstellungen bei Facebook und bei Google funktionieren.

Und wenn man gar nicht möchte, dass die Erben auf die persönlichen Daten in E-Mails und in sozialen Netzwerken zugreifen können? Bei vielen Online-Anbietern, darunter auch Facebook, lässt sich schon zu Lebzeiten einstellen, dass das Konto nach dem Tod gelöscht wird. Auch im Testament können die Erben angewiesen werden, alle Nutzerkonten löschen zu lassen. Damit Privates privat bleibt.

Zum Weiterlesen

Digitaler Nachlass: Schriftzug #machtsgut auf türkisfarbenem Hintergrund. Auf machts-gut.de lässt sich testen, wie es um das digitale Erbe steht. In: Prinzip Apfelbaum. Magazin über das, was bleibt.

Wie steht es um Ihren digitalen Nachlass? Auf machts-gut.de, einem Angebot der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz, lässt sich das testen. Dazu gibt es Tipps und Checklisten, auch für Hinterbliebene.

Text: Lars Klaaßen
Fotos: Carlos Santiago on Unsplash, Markus Petritz on Unsplash