Editorial
Als ich als Kind die Welt im Jahr 2000 malen sollte, hatte ich klare Vorstellungen von der Zukunft: Alles würde fliegen können, Autos, Bahnen, Menschen. Wir freundeten uns mit faszinierenden Lebewesen auf fernen Planeten an. Als ich älter wurde, bewegten mich große soziale Visionen: eine friedliche und gerechte Welt ohne Armut, geprägt von Freiheit und Selbstverwirklichung für alle Menschen. Ernst Blochs „Das Prinzip Hoffnung“ war ein Bestseller. Martin Luther King rief: „I have a dream“. Nelson Mandela glaubte fest an den Sinn seines Kampfes gegen die Apartheid, schien er auch noch so aussichtslos. Wir blickten voller Zuversicht in die Zukunft.
Heute, so scheint es, sind große Zukunftsvisionen verloren gegangen. Obwohl es uns in Deutschland wirtschaftlich so gut geht, wie lange nicht, haben viele Menschen Sorgen, das Erreichte zu verlieren. Man könnte meinen, Karl Valentin hätte recht, als er sagte: „Die Zukunft war früher auch besser“.
Grund genug, uns in unserem Magazin dem Thema Zukunft zu widmen: Warum haben wir so oft Angst vor dem, was kommt? Wie gewinnen wir Zuversicht? Wie können wir eine gute Zukunft mitgestalten? Vor allem für unsere Kinder und Enkelkinder. Sicher ist: Die Zukunft kommt so oder so. Doch nur wenn wir handeln, nehmen wir Einfluss auf das, was geschieht. Nach uns: Die Zukunft!
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
Die Kraft der Zuversicht
Wir brauchen einen positiven Blick in die Zukunft. Denn wie wir morgen leben, hängt davon ab, wie wir heute handeln. In seinem Buch „Zuversicht“ plädiert der Publizist Ulrich Schnabel deshalb für mehr Gelassenheit und zeigt, wie wir eine Kraft der inneren Freiheit entwickeln. Es geht nicht darum, Schwierigkeiten auszublenden, sondern ihnen standzuhalten.
Weiterlesen...
Was bleibt von der
Revolte?
Die 68er hatten viel vor mit der Zukunft. Sie haben rebelliert, provoziert und protestiert – damit etwas Neues entsteht. Was ist geblieben von den Utopien von gestern? Der Alt-68er und Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele erinnert an damalige Missstände, die sich heute keiner mehr vorstellen kann. Mit fast 80 Jahren rät er dazu, auch künftig alle Autoritäten in Frage zu stellen.
Weiterlesen...Unsere Lieblinge
Lesetipp
Die Zukunft ist keineswegs so schwarz, wie wir oft meinen. Im zweiten Sammelband seiner wöchentlichen SPIEGEL-Kolumne „Früher war alles schlechter“ trägt Guido Mingels jede Menge guter Nachrichten zusammen: dass es in Deutschland immer weniger Mord und Totschlag gibt, weniger geklaute Autos und weniger Mütter im Teenager-Alter; oder dass es immer mehr Fahrräder im Verkehr gibt, mehr Frauen in Parlamenten sitzen und weltweit immer mehr Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Überraschende Fakten über den Fortschritt, erzählt in kurzweiligen Texten und einprägsamen Grafiken. Ein nützliches Korrektiv. Es geht Mingels um Ermutigung, entgegen der weit verbreiteten Unzufriedenheit und dem Unbehagen, auf denen der neue rechte Populismus gedeiht.
Guido Mingels: „Früher war alles schlechter 2. Neue Fakten, warum es uns trotz Kriegen, Krankheiten und Katastrophen immer besser geht“. DVA, München 2018. 15 Euro.
Das Zitat
Große Ereignisse künden sich
gewöhnlich in scheinbar
kleinen Dingen an.
Emma Goldman
1869 – 1940, russisch-amerikanische Anarchistin und Friedensaktivistin
Berühmte Testamente
Margareth und
Valentin Ostertag
Es war eine Zeit des Umbruchs, als Margareth und Valentin Ostertag in Dürkheim die heute älteste private Sozial- und Bibliotheksstiftung schufen. Vor rund 500 Jahren löste die frühe Neuzeit allmählich das Mittelalter ab. Der Jurist Valentin Ostertag hatte es bis zum Berater des römisch-deutschen Königs Maximilian I. gebracht und bei seinem Tod ein beachtliches Vermögen hinterlassen. Erbin wurde seine Frau. Doch sein Wunsch war es, auch Gutes für die Bedürftigen seiner Heimatstadt zu tun.
Es war seine Witwe, die Valentin Ostertags Willen geschickt in den neuen Zeiten umsetzte. In den ersten Versionen ihres Testaments entwarf Margareth noch eine religiöse Almosenstiftung. Die Empfänger sollten danach für das Seelenheil der Stifter beten. Doch die kluge und selbstbewusste Frau nahm noch einmal Änderungen vor. Das letzte Testament 1529 war schließlich vom aufkommenden Humanismus geprägt und bestimmte Studienstipendien für Arme sowie eine Aussteuer für bedürftige Hochzeitspaare. Die Dürkheimer dankten es ihr. Durch ihre Spenden wirkt die Valentin-Ostertag-Stiftung bis heute im Sinne des Gründungspaares.
4.088.680
Die Zahl
Wer kümmert sich um alles, wenn ich dazu nicht mehr in der Lage bin? Wer entscheidet dann zum Beispiel über eine lebensgefährliche Operation? Welche lebensverlängernden Maßnahmen will ich überhaupt? Fragen, die man rechtzeitig klären sollte. Doch: Eine Vorsorgevollmacht, eine Betreuungs- oder eine Patientenverfügung kann nur umgesetzt werden, wenn sie schnell gefunden wird. Über vier Millionen Deutsche haben deswegen ihre Urkunden beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer angemeldet – und schon heute für den Notfall vorgesorgt.
Schon gewusst?
Digitales Erbe
Ob E-Mails, soziale Netzwerke, Shopping oder Cloud-Dienste, unsere Daten sind an vielen Orten im Netz gespeichert. Aber was passiert mit ihnen, wenn jemand stirbt? Der Bundesgerichtshof hat das 2018 klargestellt: Der „digitale Nachlass“ ist Teil des Gesamterbes und muss wie ein vererbter Gegenstand behandelt werden. Alle Rechte und Pflichten des Verstorbenen an Online-Diensten gehen auf die Erben über. Um zum Beispiel laufende Verträge, Abos und Mitgliedschaften kündigen zu können, ist es für sie hilfreich, einen Überblick über alle Konten zu haben und die Passwörter zu kennen. Daher sollte man zu Lebzeiten eine Vertrauensperson bestimmen und eine entsprechende Liste anlegen. Noch verbindlicher ist eine Vollmacht „über den Tod hinaus“. Und auch in einem Testament lässt sich der digitale Nachlass regeln.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
DAS TUT GUT