Ihr Vater floh 1945 aus Schlesien Richtung Westen. 75 Jahre später geht Christiane Hoffmann diesen Weg noch einmal, zu Fuß und allein. Sie hofft, ihrem verstorbenen Vater näher zu kommen, dessen Leben von der Flucht geprägt war, auch wenn er kaum darüber sprach. Unterwegs kämpft sie mit Kälte und Erschöpfung. Sie begegnet älteren Polen, die 1945 in die verlassenen Dörfer zwangsumgesiedelt wurden, und Jüngeren, die endlich angekommen sind.
Die individuellen Erfahrungen ihrer Familie mit Krieg, Heimatverlust und Schuld verwebt Hoffmann auf kluge Weise mit den großen, historischen Umbrüchen. Sie erzählt von den Narben, die geblieben sind und den gefährlichen Versuchen in Osteuropa, die Geschichte umzudeuten. So handelt ihr berührendes Buch auch davon, wie die Vergangenheit in die Gegenwart hineinwirkt – bis zum Krieg in der Ukraine.
Christiane Hoffmann: „Alles, was wir nicht erinnern. Zu Fuß auf dem Fluchtweg meines Vaters“. C.H.Beck, 2022. 279 Seiten. 22 Euro