Editorial
Dass das Leben irgendwann zu Ende sein wird, ist kaum zu fassen. Kein Wunder, dass die Menschen schon immer versuchten, ihre eigene Endlichkeit zu überwinden: im Glauben an die Unsterblichkeit der Seele, aber auch durch große Taten und Werke, die nach dem Tod weiterbestehen würden. Den Mythos vom Jungbrunnen hat inzwischen die medizinische Forschung ersetzt, die unsere biologische Uhr anhalten oder sogar zurücksetzen will. Werden wir irgendwann nicht mehr altern, womöglich sogar nicht mehr sterben müssen?
Und was dann? Würde es uns nicht ergehen wie dem Vampir-Ehepaar Adam und Eve in dem großartigen Film „Only Lovers Left Alive“ von Jim Jarmusch? Die beiden Unsterblichen leben seit Jahrhunderten zusammen, waren mit berühmten Künstlern wie Franz Schubert oder Shakespeare befreundet und haben Großes erlebt. Doch das ist alles längst vorbei. Inzwischen sind sie zutiefst gelangweilt, nichts kann sie mehr begeistern in ihrem endlosen Leben.
Denn gerade weil unser Leben endlich ist, ist es so kostbar. Natürlich ist es schmerzvoll, die eigene Endlichkeit anzuerkennen, statt zu verdrängen. Dennoch lohnt es sich, das Leben einmal vom Ende her zu denken. Wer sich mit der eigenen Vergänglichkeit beschäftigt, blickt anders auf das Leben.
Dabei stellen sich auch solche Fragen: Wie möchte ich Abschied nehmen? Welche Spuren möchte ich hinterlassen? Was von mir soll bestehen bleiben und was möchte ich weitergeben? Denn das eigene Leben ist irgendwann zu Ende, doch die Welt wird sich weiterdrehen.
Susanne Anger
Sprecherin der Initiative "Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"
Mit der eigenen Endlichkeit leben
Wir können uns das eigene Lebensende nicht vorstellen. Dass wir irgendwann nicht mehr da sein werden, verdrängen wir gerne. Dabei ist es ausgerechnet der Tod, der dem Leben Sinn gibt. Gerade die Endlichkeit macht das Leben umso kostbarer.
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Die Altersforschung will den Verfall der Körperzellen aufhalten. Es klingt verlockend: alt und erfahren zu werden ohne lästige körperliche Begleiterscheinung. Doch ist ewige Jugend wirklich erstrebenswert? Was könnten wir verlieren, wenn wir die Vergänglichkeit überwinden?
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Lesetipp
Zwei große US-Intellektuelle sprechen über das Älterwerden. Die Philosophin Martha Nussbaum und der Jurist Saul Levmore, beide seit Jahren miteinander befreundet, tauschen sich aus über Dinge wie Altersvorsorge und Vererben, den alternden Körper, Sexualität und Altruismus. Ihr gemeinsames Buch ist weit davon entfernt, ein einfacher Ratgeber zu sein. Vielmehr nehmen sie sich den Raum, ihre Themen zu entfalten, nicht nur auf die eigene Generation zu blicken, sondern auch auf die aktuelle Gesellschaft, und Beispiele aus Philosophie und Literatur heranzuziehen. Ein Buch voller kluger Gedanken.
Martha Nussbaum, Saul Levmore: „Älter Werden. Gespräche über die Liebe, das Leben und das Loslassen“. wbg Theiss Verlag, 2018. 272 Seiten. 25 Euro
Das Zitat
Das Leben ist zu kurz, um Animositäten zu pflegen und sich auf das Schlechte zu
konzentrieren.
CHARLOTTE BRONTË
1816–1855, Schriftstellerin
IDEEN, DIE BLEIBEN
DRF Luftrettung
Anfang der siebziger Jahre sterben in Deutschland jährlich über 20.000 Menschen bei Unfällen im Straßenverkehr. Denn die Zahl der Autos hat erheblich zugenommen, zugleich ist der Rettungsdienst nur mangelhaft. Es gibt weder eine einheitliche, kostenlose Notrufnummer noch einen 24-Stunden-Notarztdienst. Im Notfall muss man zunächst die Polizei anrufen, die dann einen Krankenwagen bestellt. Die Wagen kommen meist ohne Rettungssanitäter, ohne Funkgeräte und ohne ausreichende medizinische Ausrüstung. Vor diesem Hintergrund wird 1972 die DRF Luftrettung gegründet. Im März 1973 fliegt ein Rettungshubschrauber im Großraum Stuttgart seinen ersten Einsatz. Heute, ein halbes Jahrhundert später, stehen 50 Hubschrauber an 35 Stationen in Deutschland, Österreich und Liechtenstein bereit – für Notfalleinsätze ebenso wie für den Transport von Intensivpatienten zwischen Kliniken. Dazu kommen Ambulanzflugzeuge, mit denen Patientinnen und Patienten aus dem Ausland zurückgeholt werden. Über eine Million Einsätze hat die DRF Luftrettung inzwischen geleistet.
Die DRF Luftrettung ist Mitglied der Initiative „Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum“. Mehr lesen
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Die Zahl
Einige Arten der Eintagsfliege leben gerade mal 40 Minuten lang, mancher Grönlandwal soll es dagegen schon auf 211 Jahre gebracht haben. Doch egal, wie unterschiedlich die Lebensspannen sind, alle Lebewesen müssen einmal sterben. Jedenfalls fast alle. Denn es gibt eine Tierart, die als unsterblich gilt: der Süßwasserpolyp. Die Überwindung der Endlichkeit kommt allerdings zu einem hohen Preis. Das kleine Tierchen ist lediglich 2,5 Zentimeter groß und besteht zum größeren Teil aus Stammzellen. Wer möchte da schon tauschen?
Schon gewusst?
Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall
Die Verfügung zugunsten Dritter auf den Todesfall ist – neben Testament und Vermächtnis – ein weiterer Weg, Personen oder Organisationen etwas zuzuwenden. Dabei schließt man zu Lebzeiten einen Vertrag ab, etwa mit einer Bank bezüglich Bankkonten oder Wertpapierdepots oder mit einer Lebensversicherung. Diese verpflichtet sich dazu, nach dem Tod der Erblasserin oder des Erblassers die vereinbarte Leistung einer bestimmten Person oder Organisation zukommen zu lassen. Da es sich bei einer Verfügung nicht um ein erbrechtliches Instrument handelt, haben die Beteiligten einige Vorteile: Es müssen nicht die erbrechtlichen Formvorschriften eingehalten werden. Denn die Zuwendungen zählen nicht zur Erbmasse. Die auf diese Weise Begünstigten müssen also nicht abwarten, bis das Testament eröffnet ist oder eventuell sogar ein Erbstreit gelöst ist. Sie haften auch nicht für die Schulden des Erblassers. Dennoch ist eine Verfügung nicht ganz ohne Risiko. Denn wenn die Erben von dem Vertrag erfahren, bevor die begünstigte Person das Angebot angenommen hat, können sie ihn noch widerrufen. Dann geht der oder die Dritte womöglich leer aus.
Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE
Das tut gut