Prinzip Apfelbaum - Magazin über das, was bleibt

No. 16 – ERFAHRUNG

No. 16 – ERFAHRUNG

© Ferdinando Scianna / Magnum Photos / Agentur Focus

© Ferdinando Scianna / Magnum Photos / Agentur Focus

Editorial

Je älter wir werden, desto reicher an Erfahrungen. Sie sind ein Schatz, den wir tief in uns tragen: Die guten wie die schlechten, die schönen wie die schrecklichen Erfahrungen. Alle zusammen bilden sie das feste Wurzelwerk unserer Einstellungen, Bewertungen und Erinnerungen. Sie stützen uns beim Wachsen, halten uns in der Mitte und bewahren uns davor, in stürmischen Zeiten umzufallen. Je älter wir werden, desto fester und dicker werden diese Wurzeln.

Aber wie die Wurzeln großer Bäume sind viele unserer Erfahrungen tief vergraben. Wir müssen in uns hineinhören: Für welche Erfahrungen sind wir dankbar, für welche nicht, was haben wir aus ihnen gelernt? Und was wollen wir eigentlich von unserem Erfahrungsschatz weitergeben, was für immer ruhen lassen?

Nur durch Erinnern, durch Erzählen können wir reflektieren und weitergeben, was wir erlebt haben und was uns bewegt hat. Denn unsere Erfahrungen sind nicht nur für uns selbst wichtig und wertvoll, sondern auch für die Jungen. Das kennen wir aus den gemütlichen Runden, wenn gefragt wird: „Sag doch mal, wie war denn das?“ Wenn Geschichten aus dem Leben erzählt werden. Das interessiert besonders die Enkelkinder. Und manchmal kommen wir ihnen dann sogar ein wenig weise vor. Deshalb geht es in dieser Ausgabe unseres Magazins um den Umgang mit unseren Erfahrungen und wie wertvoll dieses Wurzelwerk für uns alle ist.

Susanne Anger

Sprecherin der Initiative
"Mein Erbe tut Gutes. Das Prinzip Apfelbaum"

Zum Titelbild

4000 Jahre, so alt könnte die berühmte Edelkastanie im sizilianischen Sant’Alfio gleich am Fuße des Vulkans Ätna sein. Der Baum stand wahrscheinlich schon hier, als die Römer die Provinz Sicilia eroberten. Seine zerfurchte Rinde und die knöcherigen Wurzeln haben so manchen Vulkanausbruch erlebt. Doch bisher haben die Lavaströme des Ätnas ihn nie erreicht.

Menschen

„Wir sind mitverantwortlich für alles, was passiert.“

Franz Müntefering blickt zurück auf ein ereignisreiches Politikerleben. Im Gespräch erklärt das SPD-Urgestein, wie Erfahrungen helfen können, durch die Corona-Pandemie zu kommen und was ihn dazu bewegt hat, 1966 in die Politik zu gehen. Der 81-Jährige ist überzeugt: Gesellschaftliche Verantwortung endet nicht mit dem Ruhestand.

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Der ehemalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering: mit 81 in zahlreichen Ehrenämtern aktiv, um Erfahrungen weiterzugeben.

Impulse

Austausch zwischen den Generationen

Ein pensionierter Richter diskutiert an einer Schule über Recht und Gerechtigkeit, ein ehemaliger Techniker hilft Nachbarn bei Reparaturen – die Älteren haben viel Wissen weiterzugeben. Das Beste daran: Der Austausch zwischen den Generationen ist ein Geben und Nehmen.

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Zwei Männer auf einer Treppe. Vom Austausch profitieren Jung und Alt.

Wissenswertes

Man könnte es auch Weisheit nennen

Manche Menschen sind nicht nur erfahren, sondern sogar weise. Weisheit hat viel damit zu tun, wie wir mit unseren Lebenserfahrungen umgehen, ob wir verbittern oder stattdessen offen und gelassen bleiben. Was macht weise Menschen aus? Was können wir von ihnen lernen?

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Auge eines Elefanten. Sich der Welt verbunden fühlen und mit einer Testamentsspende bleibende Werte schaffen.

Unsere Lieblinge

Lesetipp

Cover des Buches

Zwei Frauen fahren von Mostar nach Wien. Sara hat vor Jahren Bosnien verlassen und lebt seitdem in Irland, weit weg vom Chaos des Balkans. Die Begegnung mit ihrer Kindheitsfreundin, der wilden Lejla, führt sie zurück in die dunkle Vergangenheit: die gemeinsame Schulzeit, als aus Lejla plötzlich Lela wurde und ihr Bruder verschwand, in den Sara verliebt war. Der Krieg wird nie explizit erwähnt und hat doch das Leben der beiden Frauen bestimmt. Ihre Freundschaft ging ebenso in die Brüche wie das Land. Und wie das Land ist diese Lejla faszinierend und zugleich unberechenbar und fordernd, eigentlich unerträglich. Sara kann dem nicht entkommen: „Wir sind immer in Bosnien.“ Virtuos erzählt!

Lana Bastašič: „Fang den Hasen“. Roman. Fischer Verlag, 2021. 336 Seiten. 22 Euro.

Peter Benenson, Gründer der größten, spendenfinanzierten Menschenrechtsbewegung weltweit

Ideen, die bleiben

Amnesty International

1961, während der Militärdiktatur in Portugal stoßen in Lissabon zwei Studenten auf die Freiheit an und landen prompt im Gefängnis. Der Londoner Anwalt Peter Benenson ist empört und veröffentlicht einen Artikel in The Observer: „Schlagen Sie Ihre Zeitung an einem beliebigen Tag auf und Sie werden eine Meldung aus irgendeinem Teil der Welt finden: Ein Mensch ist eingesperrt, gefoltert, hingerichtet worden, weil seine Ansichten oder seine Religion nicht von der Regierung akzeptiert werden.“ Benenson will die Schicksale einzelner Gefangener bekannt machen und so öffentlich Druck erzeugen. Seine Idee: Wenn viele Leute gleichzeitig protestieren, könnte es einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Die Zustimmung ist enorm, der Artikel wird von 30 Zeitungen weltweit nachgedruckt, tausende Menschen beteiligen sich an dem Aufruf.

Es ist die Geburtsstunde von Amnesty International vor 60 Jahren. Aus dieser Aktion entsteht die größte Menschenrechtsbewegung der Welt. Mittlerweile unterstützen mehr als zehn Millionen Menschen den Einsatz für die Menschenrechte.

Mehr lesen: weitere „Ideen, die bleiben“

31%

Die Zahl

Immer mehr ältere Menschen bringen sich mit ihren Lebenserfahrungen in ein Ehrenamt ein: etwa im Sportverein, als Lesepaten für Kinder, bei der Unterstützung für Geflüchtete, im Umweltschutz oder in politischen Initiativen. Laut dem Freiwilligensurvey des Deutschen Zentrums für Altersfragen engagieren sich mittlerweile über 31 Prozent der Menschen ab 65 Jahren freiwillig. Bei einer Umfrage 1999 lag die Engagementquote unter den Älteren noch bei 18 Prozent. Eine wichtige Motivation: die Gesellschaft zumindest im Kleinen mitzugestalten.

Schon gewusst?

Ehepaare ohne Kinder

Sie haben viele Jahre miteinander verbracht und oft alles geteilt: Viele kinderlose Ehepaare denken daher, dass nach dem Tod der andere Partner automatisch alles erbt. Doch die gesetzliche Erbfolge sieht neben dem Ehegatten auch die Eltern oder nächsten Verwandten des Toten als Erben vor. Die Höhe des Anteils richtet sich danach, welche Verwandten noch leben und in welchem Ehestand man gelebt hat. Umso wichtiger ist es, ein Testament zu machen, in dem sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Dadurch können gemeinsame Güter wie Haus, Wohnung oder Wertgegenstände ausschließlich an den überlebenden Partner übergehen. Je mehr Vermögen vorliegt, desto ratsamer wird es, sich dafür Hilfe von einem Rechtsanwalt zu suchen. Allerdings: Auch durch ein Testament wird der Pflichtteil für Verwandte noch nicht ausgeschlossen. Wer ganz sicher gehen will, lässt deshalb seine Eltern oder nächsten Verwandten einen Pflichtteilsverzichtsvertrag unterschreiben. Dieser muss notariell beurkundet werden.

Michael Beuger, Partner der Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE

Das tut gut

Erfolg vor dem Bundesverfassungsgericht. Die DUH hatte die Klage unterstützt, auch dank Testamentsspenden.

Grundrecht auf Klimaschutz

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gewinnen die Forderungen der Deutsche Umwelthilfe an Gewicht: Das Klimaschutzgesetz muss geändert werden, um zukunftstaugliche Sofortmaßnahmen einzuleiten. Die Karlsruher Richter hatten das Klimagesetz für verfassungswidrig erklärt, weil darin Schritte für eine Emissionsverringerung nur bis zum Jahr 2030 vorgesehen sind und zulasten der jüngeren Generation verschoben würden. Die DUH hatte die Klage von global Betroffenen sowie Schülerinnen und Schüler unterstützt und finanziert.

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Schlaganfall-Kinderlotse in der Beratung. Hilfen für Eltern von Kindern mit Schlaganfall, finanziert auch durch Testamentsspenden.

Schlaganfall beim Kind

Jeden Tag erleidet geschätzt ein Kind in Deutschland einen Schlaganfall. Halbseitige Lähmungen, epileptische Anfälle und kognitive Einschränkungen können die Folge sein. Viele der Kinder leiden darunter, dass sie „anders“ sind. In dieser Situation unterstützen die Schlaganfall-Kinderlotsen der Schlaganfall-Hilfe die Familien. Sie geben Orientierung bei Anträgen und Therapien, beraten Eltern ebenso wie Erzieherinnen und Erzieher, Lehrkräfte, Therapeuten oder Ärztinnen. Und sie helfen den Eltern, sich selbst nicht zu überfordern.

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Kühe grasen auf Karstwiesen. EuroNatur schützt die Karstpoljen, auch dank Testamentsspenden.

Karstpoljen in Gefahr

Die Karstpoljen in Bosnien-Herzegowina sind Naturlandschaften von internationaler Bedeutung. Allein im Livanjsko Polje, dem größten zeitweise wassergefüllten Karstfeld der Welt, rasten im Frühjahr rund 100.000 Wasservögel. Doch die Karstpoljen sind in Gefahr: durch Entwässerungen, Staudämme, Torfabbau und Abholzung. Um die Feuchtgebiete zu erhalten, fördert EuroNatur gemeinsam mit bosnischen Partnerorganisationen einen nachhaltigen Tourismus, die Wiederbewirtschaftung verlassener Weiden und die Produktion regionaler Lebensmittel.

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Patient in Papua Neuguinea. Die Johanniter Auslandshilfe versorgt COVID-19-Patienten, auch dank Testamentsspenden.

Internationale COVID-Hilfe

In Südostasien sind die COVID-19-Fälle zuletzt drastisch wieder angestiegen. Die Johanniter Auslandshilfe ist daher dem Hilferuf der WHO gefolgt und hat ein medizinisches Team nach Papua Neuguinea geschickt. Die sieben ehrenamtlichen Helfer versorgen COVID-19-Erkrankte in einem Behelfskrankhaus, das die Partnerorganisation St John Papua Neuguinea errichtet hat. Ein wichtiger Einsatz, denn das Gesundheitssystem des Landes ist mit der Pandemie überfordert. Auch in Deutschland betreiben die Johanniter zahlreiche Impfzentren.

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Ein älterer Mann beim Bäcker. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft hilft beim Umgang mit Menschen mit Demenz, auch dank Nachlassspenden.

Demenz Partner – Webtraining

Menschen mit Demenz begegnet man nicht nur in der Familie, sondern im Alltag, in der Nachbarschaft und auch am Arbeitsplatz. Wir alle können uns über das Krankheitsbild informieren, denn Menschen mit Demenz brauchen ein sensibles Umfeld. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bietet nun ein Webtraining an. Angestellte im Nahverkehr, im Einzelhandel oder in Banken finden ebenso wie allgemein Interessierte passende Informationen. Das Webtraining ergänzt die Info-Veranstaltungen der Initiative Demenz Partner, die seit 2016 angeboten werden.

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Ales Bialiatski aus Belarus, Right Livelihood Award 2020, finanziert auch aus Nachlassspenden

Changemaker“ nominiert

Eine schwere Entscheidung für die Jury des Right Livelihood Awards: Für den so genannten Alternativen Nobelpreis wurden in diesem Jahr über 200 Menschen nominiert. Dreiviertel der diesjährigen Nominierten kommen aus dem 'Globalen Süden', rund ein Drittel sind Frauen. Sie setzen sich – teils unter Gefahr für Leib und Leben – für eine gerechte, friedliche und nachhaltige Welt ein. Ziel des Right Livelihood Awards ist es, die Preisträgerinnen und Preisträger langfristig in ihrem Engagement zu unterstützen und weltweit zu vernetzen.

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Unterernährte Frau in Indien. Die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe unterstützt den Kampf gegen Tbc, auch dank Spenden.

Die vergessene Pandemie

Jedes Jahr sterben weltweit rund 1,4 Millionen Menschen an Tuberkulose, das sind 3 Menschen pro Minute. Größter Risikofaktor ist Armut, betroffen sind vor allem Menschen in Asien und im südlichen Afrika. Dass das einmal anders war, daran erinnerte die Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe zum Welt-Tuberkulose-Tag mit einer Online-Lesung des Gedichts “Ein Lied für Schwindsüchtige“, geschrieben von Matthias Claudius zwischen 1756 und 1815 – und immer noch aktuell.

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Das Online Game „Exit Klimakrise“ der Welthungerhilfe, finanziert auch durch Testamentsspenden.

Spielen für den Klimaschutz

Ein Online-Spiel für Klimaretter: Bei „Exit Klimawandel“ sind die Spielerinnen und Spieler im Auftrag einer Geheimorganisation unterwegs, um kniffelige Rätsel zu lösen, Hinweisen quer durchs Netz zu folgen und ihr Kombinationstalent zu beweisen. Dabei decken Agentinnen und Agenten jeden Alters die globalen Zusammenhänge in der Kleidungsindustrie, bei Nahrungsmitteln und der Produktion von Smartphones auf. Entwickelt hat das Spiel die Welthungerhilfe. Denn die Klimakrise verschärft schon jetzt den Hunger weltweit.

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Transport von Elefant Kaavan nach Kambodscha – finanziert durch Spenden.

Ein Elefant hebt ab

Einsam fristete der Elefant Kaavan ein trostloses Dasein im Zoo von Islamabad in Pakistan. Doch Kaavan konnte gerettet werden. Die Tierschutzorganisation VIER PFOTEN brachte den vier Tonnen schweren Elefanten mit einem Transportflugzeug in ein Tierschutzzentrum in Kambodscha. Für den 10-stündigen Flug waren u.a. ein negativer Covid-Test des Elefanten, ein Auffangsystem für 200 Liter Urin und 200 Kilogramm Futter nötig. Der logistische Kraftakt hat sich gelohnt, Kaavan hat endlich ein artgerechtes Zuhause gefunden.

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